Politik
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Samstag, 19. Juli 2025 - 16:00 Uhr
"Mundus vult decipi - ergo decipiatur!"
Wer diese Worte als erster ausgesprochen oder niedergeschrieben hat, ist nicht endgültig geklärt. Die zugleich trügerische wie gefährliche Devise scheint an Aktualität nichts eingebüßt zu haben. Es wird nach Kräften gelogen und betrogen. Es geht kaum noch darum, die Sachverhalte realitätskonform und wahrheitsgemäß zu ermitteln und zu benennen. Wichtiger ist es, die DEUTUNGSHOHEIT zu erringen und für sich in Anspruch zu nehmen - koste es, was es wolle. Ein öffentlich-rechtlicher Fernsehsender will uns einreden, Deutschland könne, was die Entwicklung und Fabrikation von Drohnen angeht, von der Ukraine noch viel lernen. Mit deutscher Hilfe solle die Herstellung von Drohnen auch in der Ukraine gefördert werden. Diese Mär soll vornehmlich die wahre Gewichtung von Geben und Nehmen verschleiern und uns davon überzeugen, der Bundesrepublik könne gar nichts Besseres passieren, als weiteres schuldenfinanziertes Kapital in der bzw. die Ukraine zu investieren.
Ebenso unglaubwürdig und zweifelhaft ist die Erzählung, in der Ukraine werde nicht nur für deren Fortbestand und Unabhängigkeit, sondern für die Freiheit ganz Europas gekämpft. Wenn die Ukraine falle, stünden alsbald russische Streitkräfte auf dem gesamten Kontinent. Die Ukraine rückhaltlos, heißt "so lange wie nötig" (also "open end" , zu unterstützen, liege folglich im ureigensten deutschen Interesse. Wie lange noch wollen Bundesregierungen uns dieses Ammenmärchen auftischen? Der Sättigungsgrad ist längst erreicht. Die genannten Akteure sind schon seit Monaten bemüht, das Scheitern ihrer Russland- und Ukrainepolitik zu kaschieren. Mit wenig Erfolg, wie ich hoffe.
Eine Gegendarstellung zu dem, was uns tagtäglich von der politischen Klasse und den sie kritiklos begleitenden Medien vorgeblasen wird, lautet folgendermaßen: Mehr als zehn Jahre lang hat der politische Westen die Eskalation des Konfliktes zwischen Russland und der Ukraine billigend in Kauf genommen sowie den Umsturz in Kiew mit Milliardensummen unterfüttert. Das Kalkül: Wenn Russland in der Ukraine einen Krieg beginne, biete sich für den Westen die Gelegenheit, durch Gegenwehr den Angreifer empfindlich und dauerhaft zu schwächen. Das Abtreten des Kreml von der Bühne der Weltpolitik sei dann nur noch eine Frage der Zeit. Das Wohl und Wehe der ukrainischen Bevölkerung? Dafür reicht es vorn und hinten nicht. Pech gehabt.
Leider strickt auch die SPD an zweifelhaften Legenden mit. So wurde behauptet, Russland habe 2022 "uns den Gashahn zugedreht" und internationale Verträge zu Rüstungskotrolle und Abrüstung einseitig aufgekündigt bzw. gebrochen. Beides stimmt nicht und sollte der antirussischen Propaganda dienen. Auch die Begeisterung über den Beitritt Schwedens und Finnlands zur NATO wirft Fragen auf. Putin habe die NATO schwächen wollen, aber das Gegenteil erreicht. Was dabei verschwiegen wurde, war der Umstand, dass die Neulinge bereits seit Jahren ihren Status der Neutralität aufgegeben hatten. So stellten sie zum Beispiel ihren Luftraum für NATO-Manöver zur Verfügung. "Lügen haben kurze Beine", sagt ein Sprichwort. Das scheint noch nicht überall angekommen zu sein. Eine andere Möglichkeit: Nicht wenige Politiker haben sich Prothesen zugelegt, um ihre Schrittlänge zu weiten.
Donnerstag, 3. Juli 2025 - 14:34 Uhr
Viel Pathos und Weihrauch - wenig Einsicht und Klartext
Was dem Reichskanzler Otto von Bismarck auch mit seinem "Gesetz gegen die gemeingefährlichen Bestrebungen der Sozialdemokratie" (1878) nicht gelang, schafft die SPD seit Jahren aus eigener Kraft: Sie dezimiert und zerlegt sich selbst. Es geht nun wirklich nicht darum, bestimmte Personen vorzuführen oder mit ihnen "abzurechnen" (welch ein fürchterliches Wort!). Vom 27. bis zum 29.Juni wurde in Berlin ein Bundesparteitag veranstaltet mit dem Motto "Veränderung beginnt mit uns". Sicherlich, etliche Ämter wurden neu besetzt, das Personal rotierte. Der Parteitag hatte sich vorgenommen, die Ursachen für die Wahlniederlage vom 23. Februar (16,4 % der Zweitstimmen) zu ermitteln. Doch eben dies blieb weitgehend aus. Es war offenbar eher Schonzeit angesagt. So wurde auch Olaf Scholz "entlastet" und erntete reichlich Lob für seine Arbeit als Bundeskanzler, was ihm sichtlich wohltat. Hoffentlich gelte ich nicht als Nestbeschmutzer, wenn ich an Folgendes erinnere: 2008 fand in der rumänischen Hauptstadt Bukarest, also weit entfernt vom Nordatlantik, ein NATO-Gipfel statt. Wenn es nach den USA und England gegangen wäre, hätte das Bündnis die Ukraine (und Georgien) zu Beitrittsgesprächen eingeladen. Deutschland und Frankreich sprachen sich dagegen aus, und zwar aus zwei Gründen: Russland nicht zu provozieren und nicht einen Bürgerkrieg in der Ukraine zu riskieren und zu forcieren. Dann kam das unselige Jahr 2014 mit dem vom Westen opulent mitfinanzierten Umsturz in Kiew, der Besetzung der Krim durch Russland (vom politischen Westen zur ersten Kriegshandlung gegen die Ukraine deklariert) und den ersten westlichen Sanktionen. Russland wurde aus dem Club der G8-Staaten ausgeschlossen. In den Folgejahren wurde die Zusammenarbeit im NATO-Russland-Rat schrittweise eingeschränkt und kam im Januar 2022 völlig zum Erliegen. Bereits im vorangegangenen Herbst hatte der Kreml die US-Regierung unmissverständlich gewarnt: Russland werde eine Aufnahme der Ukraine in die NATO nicht hinnehmen. Dazu hieß es aus dem Weißen Haus, darüber wolle und werde man nicht verhandeln (Klaus von Dohnanyi). Als im Dezember die Ampel-Regierung ihre Arbeit aufnahm, hätte Kanzler Scholz wissen müssen, welchen Zündstoff, welche Sprengkraft diese Frage barg. Im Februar tagte die Münchner Sicherheitskonferenz. Auch der Bundeskanzler war zugegen und erklärte, die mögliche Mitgliedschaft der Ukraine in der NATO stehe "gar nicht auf der Tagesordnung". Das mochte gut gemeint sein, konnte jedoch den russischen Präsidenten nicht beschwichtigen, denn Tagesordnungen können leicht geändert werden. Außerdem war die MSK gar nicht zuständig. Der nächste NATO-Gipfel war für den Juni geplant. Noch im Februar reiste Scholz zunächst nach Kiew, dann nach Moskau, wo Putin ihn bei einem Gespräch deutlich auf Abstand hielt. Scholz konnte oder wollte seinem Gegenüber nicht versichern, dass die Bundesregierung an dem Nein zur Aufnahme der Ukraine in den Nordatlantikpakt festhalten werde. Ein unfreundlicher Akt folgte dem anderen. Am 22. Februar wies die Bundesregierung die Bundesnetzagentur an, die Inbetriebnahme von Nordstream 2 weiterhin nicht zu zertifizieren. Zwei Tage später schlug Putin zu. Warum diese umständliche Rückbesinnung? Dafür war auf dem SPD-Parteitag kein Platz. Grundtenor: Man habe doch alles richtig gemacht und werde die Ukraine weiter unterstützen, "so lange wie nötig". Will heißen: open end, und damit basta. Fehleranalyse kann schmerzhaft werden, ist jedoch unverzichtbar, um nicht gleiche Fehler wieder zu begehen. Ich bin es allerdings gründlich leid, tagein, tagaus überflutet zu werden von neuen Schreckensmeldungen aus der Ukraine. Von der ARD bevorzugt wird dabei der Journalist Vassili Golod, der 1995 als Zweijähriger mit seinen Eltern, einer Russin und einem Ukrainer, nach Deutschland kam. Seine Reportagen und Kommentare haben überwiegend den Effekt, Deutsche und Russen gegen einander aufzubringen, sich als unerbittliche Feinde zu betrachten. Putin, so wird uns eingeflößt, wolle gar nicht verhandeln, sondern lediglich zerstören und vernichten. Sicher: Russische Streitkräfte verüben Kriegsverbrechen. Es kann doch aber nicht der Weisheit letzter Schluss sein, sich damit zu begnügen, Schreckliches zu schildern, und nicht der Frage nachzugehen, wie dieses Grauen beendet werden kann. Waffenlieferungen allein sind dazu nicht tauglich.
Am Sonntag, dem 29. Juni, beschlossen die Delegierten "einstimmig", alles Mögliche und Nötige zu tun, um beim Bundesverfassungsgericht ein Verbotsverfahren gegen die AfD zu erwirken. Auch in dieser Beziehung ist die SPD nicht weitergekommen. Noch höre ich Bundeskanzler Scholz erklären, das Erstarken der AfD sei auf die "schlechte Laune" vieler Deutscher zurückzuführen. Ein anderes Mal meinte er: "Der Geist ist aus der Flasche." Tja, wer hat denn da den Korken gezogen oder an dem Schraubverschluss gedreht? Nun will die SPD sich juristisch auf die extreme Rechte einschießen. Beim Koalitionspartner CDU/CSU wird sie dafür keine Unterstützung erfahren, denn die Hürden für ein Parteienverbot sind mannigfaltig und hoch. Im schlimmsten Fall geht der Schuss nach hinten los.
Es muss ja nicht gleich eine Seidenstraße sein. Auch nicht ein Holzweg. Der SPD wünsche ich, dass sie Pfade findet, deren Betreten mehr Sinn macht. Dazu zwei simple Fragen als Beispiele: (1) Kann ich mich in der SPD politisch noch zu Hause fühlen, wenn ich die Migrationspolitik des neuen Innenministers A. Dobrindt für angemessen und akzeptabel halte (Zurückweisung an der Grenze, Aussetzung des Familiennachzugs für 2 Jahre)? Für den Sozialdemokraten Helmut Schmidt wäre das kein Problem gewesen. Es sollte doch zu den Pflichten aller Verfassungsorgane gehören, unsere Ämter und Systeme vor Überlastung zu schützen. (2) Bedeutet Sozialdemokratie auch, die Augen zu schließen vor den üppigen Gewinnen der Energieriesen RWE und e.on? Müssen diese noch mit Steuergeldern subventioniert werden? Gibt es auch für die SPD die sprichwörtlichen "Heiligen Kühe"?
Montag, 23. Juni 2025 - 15:26 Uhr
Die Lage war noch nie so ernst." - Wir müssen uns auf das Schlimmste gefasst machen!
Bundeskanzler Konrad Adenauer sparte nicht gerade damit, die Floskel "Die Lage war noch nie so ernst." zu bemühen, auch wenn sich bald herausstellte, dass es gar nicht so schlimm war. Dies monierte Berlins Regierender Bürgermeister Willy Brandt im August 1961 angesichts des Baus der Mauer in Berlin. Adenauer verniedliche durch seinen inflationären Gebrauch des geflügelten Wortes den wahren Ernst der Lage. Kurz nach dem Mauerbau erschien eine BILD-Zeitung mit dem Titel "Der Westen tut nichts ... und Adenauer schimpft auf Willy Brandt." Der so Gescholtene wollte das nicht auf sich sitzen lassen, hatte er doch am 17. September Bundestagswahlen zu bestehen und musste um die absolute Mehrheit von CDU/CSU bangen. Also schrieb er am 16. August einen Brief an Axel Springer und drängte auf Richtigstellung. BILD habe den Sachverhalt nicht korrekt dargestellt. Er, der Bundeskanzler, sei sich der Tragweite des Mauerbaus sehr wohl bewusst und habe die schwierige Situation der Deutschen "in der Zone" nie aus den Augen verloren. Allerdings fand er für einen Besuch in der nunmehr durch eine Mauer geteilten Stadt erst am 22. August die erforderliche Zeit.
Am 22. Juni dieses Jahres schaltete ich um 12 Uhr den Fernseher ein, um mir den ARD-"Presseclub" anzuschauen. Das hätte ich lieber sein lassen sollen, um mir einen 40minutigen Ärger zu ersparen. Schon der Titel der Sendung verhieß nichts Gutes: "Mehr Waffen, mehr Soldaten - Schafft Deutschland den Kraftakt?" Eine Dame und vier Herren zogen kräftig vom Leder und ließen erkennen, dass sie weder willens noch fähig waren, die Gefahren der gegenwärtigen Weltlage auch nur in Ansätzen zu erfassen. Morgens war bekannt geworden, dass amerikanische B2-Großflugzeuge "bunkerbrechende Bomben" über dem Iran abgeworfen hatten. Einer der Journalisten begrüßte das als ein ermutigendes Zeichen dafür, dass die USA ihren Bündnisverpflichtungen nachkämen und ihre Schutzbefohlenen nicht im Stich ließen. Nun könne die Bevölkerung der baltischen Staaten und Polens sich darauf verlassen, dass sie bei einem russischen Angriff von ihrem mächtigsten NATO-Partner verteidigt würde, eben weil als gesichert gelten kann, dass die USA sich nicht von Europa abwenden würden. Soll wohl auch heißen, dass amerikanische Tarnkappenbomber in den russischen Luftraum eindrängen und ihre vernichtende, tödlich Fracht an ausgewählten Stellen abwürfen. Ist eine Steigerung solchen Schwachsinns überhaupt noch denkbar? Und das wollen ernstzunehmende Journalisten sein, Leute, die es sich, finanziert mit Geldern der GEZ, an einem Studiotisch bequem gemacht haben und Äußerungen vom Stapel lassen, die in krassem Gegensatz stehen zu den Aufgaben und Pflichten der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, nämlich "umfassend und ausgewogen" zu informieren. Mediale Quacksalber haben wir zur Genüge, Nicht selten wirken sie als Brandbeschleuniger politischer Glutnester, deren es nicht gerade wenige gibt. Die Zahl derer, die vom Ukraine-Krieg profitieren, wächst ständig. Auch Friedrich Merz, seit Wochen nun schon mit Kanzler-Bonus, kocht hierauf sein Süppchen bzw. seinen Eintopf. Auch er will uns weismachen, der russische Angriff auf das geschundene Land sei nur der Anfang. Zu den nächsten Opfern werde auch Deutschland gehören. Hiergegen müssten wir uns wappnen, mit gewaltiger Aufrüstung, so dass dem russischen Präsidenten der Appetit vergeht. Er, also Merz, wolle und werde die Bundeswehr zur stärksten Armee Europas machen. Was aber, wenn es zu wenige kriegstüchtige, kriegsbereite Deutsche gibt bzw. gäbe? Diese bange Frage trieb auch die zum "Presseclub" Versammelten um. Sie beklagten einen Mangel an aufopfernder Wehrbereitschaft. Niemand von ihnen zeigte sich freilich wild entschlossen, mit gutem Beispiel voranzugehen, die Zivilkleidung gegen eine Uniform einzutauschen und zur Waffe zu greifen.
Ist die Frage erlaubt, wer denn gefährlicher ist für den Bestand unserer Demokratie und Freiheit: die Monatszeitung "compact" oder die oben erwähnten Politiker und Medienschaffenden, die nichts auslassen, was der AfD zusätzliche Wähler und Wählerinnen beschert? Was sollen denn weniger vermögende Deutsche davon halten, dass sie von der Senkung der Strompreise ausgenommen werden und bleiben? Das wäre zu teuer, behaupten die politisch Verantwortlichen wie der neue Finanzminister Lars Klingbeil. Sonst ist doch genug Geld da, wenn auch nur durch bedenkenlose Neuverschuldung.
Ich bin mittlerweile 85 Jahre alt, seit 60 Jahren SPD-Wähler und frage mich nicht zum ersten Mal, warum ich mich seit 2020 überhaupt noch hinsetze und all dies niederschreibe. Friedrich Hölderlin fasste seine Zuversicht in die Worte: "Wo aber Gefahr ist, wächst das Rettende auch." Zu schön, um wahr zu sein? Hat doch das Alte Testament eher recht, wenn es im Buch "Jesus Sirach" heißt: "Wer sich in Gefahr begibt, kommt darin um." Man darf gespannt sein. Der SPD wünsche ich, dass sie wieder Tritt fasst und mit Mut zum Risiko die Probleme anpackt. Wenn "das Rettende " eine Chance bekommen soll, bedarf es tatkräftiger Hilfe. Mit einem 18. Sanktionenpaket gegen Russland ist es nun wirklich nicht getan. Und auch die Steigerung der Verteidigungsausgaben auf 5 % des BIP löst die Probleme nicht. Wettrüsten ist stets ein Zeichen politischen Versagens, wie die Vorgeschichte des Ersten Weltkriegs zeigt.
Als "Auslaufmodell" setze ich auf Jüngere, zum Beispiel auf Frau Prof. Dr. Gabriele Krone-Schmalz, die rastlos unterwegs ist, um "aufzuklären". In ARD und ZDF kommt sie gar nicht mehr vor - denn sie ist unbequem und streitet gern.
Donnerstag, 12. Juni 2025 - 16:41 Uhr
In der SPD steckt noch Leben und regt sich wieder gesunder Menschenverstand
Heute Mittag wurde es in der Tagesschau gemeldet: Drei mutige, altgediente Genossen der SPD haben eine Art Offenen Brief, "Manifest" genannt, verfasst und veröffentlicht. Darin setzen sie sich kritisch auseinander mit dem Kurs ihrer Partei in der Verteidigungs-une Sicherheitspolitik. Ich bin gespannt auf die dadurch angestoßene Diskussion. Einige gingen bereits auf Distanz und erklärten, der Vorstoß des wackeren Trios stelle nicht die Haltung der gesamten SPD dar. Meinerseits verhehle ich nicht die Freude darüber, dass es in der deutschen Sozialdemokratie Köpfe gibt, denen es wichtig ist, dass ihre Partei wieder zu sich selbst findet. Daher gilt mein ganz besonderer und herzlicher Dank den Triumvirn Rolf Mützenich, Ralf Stegner und Norbert Walter-Borjans. Gleicher Dank gebührt den ca. 100 SPD-Mitgliedern, die sich, wie später bekannt wurde, den Dreien angeschlossen und das "Manifest" mit unterzeichnet haben. Hoffentlich zieht das Ganze noch weitere Kreise.
Das Thema und die Realität Krieg beschäftigt die SPD schon seit Langem. Als stärkste Reichstagsfraktion stimmte sie im August 1914 geschlossen für die Kriegskredite, was sich im weiteren Verlauf des Ersten Weltkriegs als Fehler herausstellte. Denn auch die dritte Oberste Heeresleitung (Hindenburg, Ludendorff) setzte auf einen "Siegfrieden" und verwandelten das Deutsche Reich in eine Militärdiktatur. Als sich die Niederlage abzeichnete, gab die OHL den Politikern die Schuld und setzte 1919 die "Dolchstoßlegende" in die Welt. Zuvor schon, nämlich im Jahre 1917, zerbrach die SPD vor allem an der Frage der Kriegskredite und spaltete sich in MSDP und USDP. Dies sollte in dem zu erwartenden Streit um den Kurs der Partei eine Warnung sein.
Die Dominanz der dritten OHL (1916-1918), ein Musterbeispiel für Militarismus (Gerhard Ritter), scheint sich momentan ins Gegenteil verkehrt zu haben. Es sind ehemalige ranghohe Offiziere der Bundeswehr, die dringend davor warnen, vorwiegend militärische Optionen im Blick zu haben (Beispiele: Harald Kujat, Erich Vad). Der SPD sei empfohlen, zu ihrem nächsten Parteitag in zwei Wochen solche Experten einzuladen und nicht Gefahr zu laufen, als "Realitätsverweigerer" dazustehen. Was ist denn in die Genossen Klingbeil und Pistorius gefahren? Um einzusehen, dass in die Bemühungen, den Ukraine-Krieg zu beenden, auch Russland mit einzubeziehen, wenn möglich auch einzubinden ist, bedarf es nicht eines weit überdurchschnittlichen Intelligenzquotienten. Noch konnte der Ukraine-Krieg lokalisiert werden, jedenfalls bisher - was dem ukrainischen Präsidenten gar nicht gefällt. Er möchte die Nöte seines Landes zu einem weltweiten Problem machen, hat sogar schon einmal beiläufig gefordert, der Westen, wenn der seine Militärhilfen einschränken oder gar einstellen wolle, möge der Ukraine wenigstens ihre Atomwaffen zurückgeben. Lassen wir es nicht darauf ankommen, dass in Europa eine "kritische Masse" zubereitet wird! Schlimm genug, was sich gegenwärtig zwischen Israel und dem Iran zusammenbraut.
Dienstag, 10. Juni 2025 - 14:58 Uhr
Donald Trump und Wladimir Putin: zwei missliebige Giganten
In auffälliger Regelmäßigkeit lösen die beiden sich in den öffentlich-rechtlichen Nachrichtensendungen ab und behaupten Spitzenplätze. Trump stiftet in den USA Unruhen und gewalttätige Auseinandersetzungen. Putin wütet in der Ukraine. Beide sind für Tod und Verderben verantwortlich, woran nichts zu verharmlosen oder beschönigen ist. In allen Einzelheiten wird darüber berichtet, was Drohnen, Gleitbomben und Raketen mit ihrer tödlichen Fracht in ukrainischen Städten anrichten. Es ist freilich aussichtslos, darauf zu hoffen, dass mit einer Beseitigung bzw. Entmachtung der beiden selbstherrlichen Machthaber deren schreckliche Taten ein Ende fänden. Häufig warnt Frau Prof. Dr. Krone-Schmalz vor der trügerischen Annahme, mit einem Sturz des russischen Präsidenten wären die Probleme gelöst. Hinter Putin stünden Männer mit der gleichen Gesinnung und Haltung wie diejenigen, die gegen Michail Gorbatschow putschten (1991). Auch Trump steht nicht allein auf weiter Flur. Sein Vize J.D. Vance zum Beispiel sorgte bei der letzten Münchner Sicherheitskonferenz für Aufsehen und Entsetzen.
Das Bedenkliche der Berichterstattung von ARD und ZDF besteht darin, dass der Eindruck entsteht, die beiden Präsidenten seien blutrünstige, monströse Egomanen, mit denen ein rationaler politischer Diskurs unmöglich sei. Verhandlungen mit ihnen brächten nichts. Das Schlimme: Sie sind darauf aus, sich einander anzunähern. So möchte Donald Trump den Ukraine-Krieg beenden, sich auf einen Deal mit Putin verständigen, von dem auch die Ukraine profitieren könnte. Die europäischen NATO-Partner und die EU sind entsetzt, verabreden sich zu rasch aufeinander folgenden Krisentreffen, bei denen sich ein Konsens nicht so recht einstellen will. Unser Kontinent läuft Gefahr, sich zwischen die Stühle zu setzen und am Ende in die Röhre zu gucken.
Den eingangs erwähnten Nachrichtensendungen ist eine gewisse Lüsternheit auf Sensationelles eigen. Ein Beispiel: Heute Mittag berichtete die Tagesschau zunächst über die Schreckenstaten in Graz, danach über erneute Konflikte in Los Angeles. Ereignisse in Deutschland waren dabei von geringerem Interesse.
Ob das nun zufällig geschieht oder Absicht und Manipulation im Spiele sind: Erklärungen und Stellungnahmen, die vom "mainstream" abweichen und sich nicht darauf beschränken, Regierungserklärungen nachzuplappern, haben bei ARD und ZDF zu wenig Platz. Es mangelt daran, den Auftrag, die mündigen Bürgerinnen und Bürger umfassend und ausgewogen zu informieren, ernstzunehmen und zu erfüllen.
Dienstag, 3. Juni 2025 - 16:33 Uhr
Franz Werfel und der menschenfeindliche Krieg in der Ukraine
Franz Werfel, 1890 in Prag geboren und 1945 in Kalifornien gestorben, hat einen bedeutenden Roman geschrieben, in dem der Völkermord an den Armeniern während des Ersten Weltkriegs das beherrschende Thema bildet. Dass dieses Kriegsverbrechen vom Deutschen Bundestag als "Völkermord" anerkannt wurde, führte zu heftigem Streit mit der Türkei, dem damaligen politischen Zentrum des Osmanischen Reiches, das mit dem Deutschen Reich und Österreich-Ungarn verbündet war.
Im Internet ist zu erfahren, dass der Franz-Werfel-Menschenrechtspreis vom "Zentrum gegen Vertreibungen" geschaffen wurde, hinter dem wiederum der "Bund der Vertriebenen" steht. Zur Finanzierung der beiden Organisationen und des Preises (seit 2003 alle zwei Jahre 10.000 Euro) finden sich keine Angaben.
Ursprünglich wollte der Bund der Vertriebenen an das Leid der vielen Menschen erinnern, die durch den Zweiten Weltkrieg ihre Heimat verloren hatten. Nach der Gründung der Bundesrepublik gab es die Partei BHE: Bund der Heimatvertriebenen und Entrechteten. Sie ging recht bald in in CDU und CSU auf. Seit gut 50 Jahren hat das Thema an Bedeutung und Gewicht verloren. Das mag einer der Gründe dafür sein, dass der Bund der Vertriebenen nach neuen Aufgaben Ausschau hält. Es deutet sich ein Trend an: Etliche Preisverleihungen werden benutzt, um Putin und Russland an den Pranger zu stellen, unsäglicher Verbrechen zu bezichtigen. Ein Beispiel ist der Sacharow-Preis. Warum ausgerechnet dem ukrainischen Präsidenten der Karlspreis verliehen wurde, ist mir rätselhaft. Was hat er für die Einigung Europas geleistet?
Es geht mir wahrhaftig nicht darum, Franz Werfels Werk anzuzweifeln und die Verdienste des Kiewer Bürgermeisters Vitali Klitschko zu schmälern, des diesjährigen Preisträgers. Zweifel sind mir allerdings gekommen, als berichtet wurde, dass Verteidigungsminister Boris Pistorius am 1. Juni in der Frankfurter Paulskirche die Laudatio hielt. Es lag doch nicht etwa ein Verteidigungsfall vor?! Und sind die zahlreichen Frauen und Kinder, die in Deutschland Aufnahme gefunden haben, als "Vertriebene" einzustufen? Immer häufiger ist davon die Rede, die Staaten des Westens seien "Verbündete" der Ukraine. Der Genauigkeit halber sei darauf hingewiesen, dass die Ukraine weder EU- noch NATO-Mitglied ist. Wenn das von Russland angegriffene Land wertvolle Unterstützung aus dem Westen erfährt, basiert das nicht auf Bündnisverpflichtungen, sondern geschieht freiwillig sowie auf Bitten der Ukraine, die mittlerweile den Anspruch zu erheben scheint, das Weltgeschehen habe sich vorrangig um sie zu drehen. Die Frage, wie der furchtbare Krieg möglichst schnell zu beendet werden kann, gerät bei diesem Treiben mehr und mehr in den Hintergrund.
Es bereitet mir erheblichen Verdruss, mit ansehen zu müssen, dass und wie die SPD eine solche Politik mitträgt. Willy Brandt würde vermutlich den Kopf schütteln. Aus seiner Zeit als Regierender Bürgermeister Westberlins und als Außenminister in der ersten Großen Koalition (1966-1969) wusste er die Gefahren, die von der Sowjetunion ausgingen, realistisch einzuschätzen: Bau der Berliner Mauer, gewaltsames Ende des Prager Frühlings. Trotzdem suchte und fand er Wege, den Eisernen Vorhang durchlässig zu machen und den Schrecken des Kalten Krieges einschließlich der Teilung Deutschlands Kräfte zu entziehen.
Montag, 26. Mai 2025 - 14:43 Uhr
Hurra-Patriotismus und Kriegsenthusiasmus
Die Gehirnwäsche zeitigt erste Erfolge. Zunächst war von "Kriegswirtschaft" die Rede (Wüstner). Es folgte das Wortungeheuer "Kriegsmentalität" (Borrell). Die vorläufige Krönung lautet "kriegstüchtig" (Pistorius). Was den Herrschaften, die vorgeben, nur unser Bestes im Sinn zu haben, wohl noch alles einfällt !? Zu seinem 85. Geburtstag bemängelte Klaus Staeck die zunehmende, sich verstärkende "Kriegsrhetorik" Dabei dachten wir, all das überwunden und hinter uns gelassen zu haben, zumal die verheerenden beiden Weltkriege des 20. Jahrhunderts vor Augen geführt hätten, wie wichtig es geworden sei, Kriege zu verhindern. Jährlich wird der Friedensnobelpreis verliehen. Im dritten Jahrzehnt riefen Briand und Kellogg den "Kriegsächtungspakt" ins Leben. Dann wurde noch im Jahr 1945 die UNO samt dem Sicherheitsrat gegründet. Krieg als Mittel der Politik sollte der Vergangenheit angehören. Auch in der Literatur haben Kriege Spuren hinterlassen. In "Wallensteins Lager" (Friedrich Schiller) wird das "Reiterlied" angestimmt:
"Wohlauf, Kameraden, aufs Pferd, aufs Pferd,
ins Feld, in die Freiheit gezogen!
Im Felde, da ist der Mann noch was werth,
da wird das Herz noch gewogen."
Ein Hohelied auf Mannhaftigkeit und Heldentum. Erstaunlicherweise kommt so etwas zur Zeit auch bei jüngeren Leuten im Wehrpflichtalter an. So hörte ich kürzlich einen Soldaten der Bundeswehr bei einem Einsatz auf der Ostsee, wenn auch etwas stockend, sagen: "Wir müssen eben kriegstüchtig werden." - Wallenstein selbst fand ein weniger heroisches Ende. Er wurde mit Waffengewalt ermordet, wegen Verrats an Kaiser und Reich. Seine Devise "Der Krieg ernährt den Krieg!" stieß an Grenzen, weshalb er Friedensverhandlungen mit den feindlichen Schweden aufnahm. Von den Gräueln des Dreißigjährigen Krieges weiß Grimmelshausen in seinem "Simplicissimus" zu erzählen (Schlacht bei Wittstock). Kriege haben oft die üble Angewohnheit, ein Eigenleben zu entwickeln. Ab und zu brauchen sie Pausen, um neue Kräfte zu sammeln. Der Dreißigjährige Krieg brachte es auf drei Unterbrechungen, bis 1648 alle Reserven erschöpft waren. Durch diesen Krieg verlor Mitteleuropa ein Drittel seiner Bevölkerung, zumeist Zivilisten. Gewinner gab es auch. Frankreich errang mit vier weiteren Kriegen die Hegemonie auf unserem Kontinent. Schweden schickte sich an, die Ostsee zu einem schwedischen Binnenmeer zu machen. Ewigkeitswert hatte beides nicht, wie ein Blick in die Geschichte des 19. und 20. Jahrhunderts zeigt. In den beiden Weltkriegen stiegen die USA zur Weltmacht auf und fürchten nun ihrerseits, von der Volksrepublik China bedroht zu werden. Vorbereitungen auf diesen Kampf der Giganten laufen bereits. Will die Bundesrepublik Deutschland hier ernsthaft mitmischen? Haben wir tatsächlich aus der Geschichte so wenig gelernt?
Der ukrainische Präsident plant wieder einmal einen Besuch in der deutschen Hauptstadt, hofft auf weitere Hilfszusagen. Der Staatspräsident eines Landes, in dem ein entsetzlicher Krieg tobt, soll in Berlin "mit militärischen Ehren" empfangen werden. Sind die Verantwortlichen in Berlin wirklich damit überfordert, ihrem Gast in aller Deutlichkeit klarzumachen, dass die deutsche Unterstützung lediglich dazu dienen kann, die Ukraine zu stabilisieren und in die Lage zu versetzen, ein weiteres Vordringen russischer Streitkräfte abzuwehren, unverzüglich Verhandlungen mit Russland aufzunehmen, auch wenn die Ergebnisse schmerzlich ausfallen?!?
Bundeskanzler Friedrich Merz stellt weitere Hilfen im Wert von 5 Milliarden in Aussicht. Er möchte die Bundeswehr zur "stärksten Armee" Europas machen. Will er also die russische Truppenstärke übertreffen? Immerhin gilt Russland westlich des Urals als Teil Europas.
Kaiser Wilhelm II. , voller Stolz auf seine "schimmernde Wehr", verabschiedete 1900 ein Expeditionscorps, das den Boxeraufstand in China niederringen sollte, mit der Weisung: "Gefangene werden nicht gemacht." Der Feind sollte also mit Stumpf und Stiel ausgemerzt werden.
Kohelet, ein Priester des biblischen Königs Salomo, kommentiert das Zeitgeschehen mit dem Spruch "Nichts Neues unter der Sonne." Sollte er recht behalten? Immer wieder Krieg? Damit die Kriegsgräberfürsorge uns dauerhaft erhalten bleibt?
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Dienstag, 13. Mai 2025 - 18:13 Uhr
Sinn und Unsinn im Umgang mit Russland
Das Jahr 2025 hat es in sich. Es ist auch ein Jahr der Erinnerungen. Mehrere nationalsozialistische Konzentrationslager wurden von alliierten Truppen befreit. Vor 80 Jahren wurde der Zweite Weltkrieg beendet. In Reims unterzeichnete Alfred Jodl für das besiegte Dritte Reich die bedingungslose Kapitulation. Einen Tag später tat Wilhelm Keitel gleiches im sowjetischen Hauptquartier Karlshof (Ost-Berlin). Diese Duplizität hat ihren Grund vor allem in der einsetzenden Entfremdung zwischen den Siegermächten. Hatten die Großem Drei (Roosevelt, Churchill und Stalin) in Jalta auf der Krim noch beisammen gesessen und sich in wesentlichen Fragen geeinigt, verstarb im April der amerikanische Präsident. Sein Nachfolger Harry S. Truman leitete mit der nach ihm benannten Doktrin einen Kurswechsel ein und stellte die Weichen für den Beginn des Kalten Kriegs (1947). In den Sommermonaten des Jahres konferierten in Potsdam Truman, Stalin und Churchill, der allerdings Ende Juli die Unterhauswahlen verlor und seinen Platz dem Labour-Politiker Attlee überlassen musste. Die Forderung nach einer "bedingungslosen Kapitulation" der Achsenmächte Deutschland und Italien geht übrigens auf F.D. Roosevelt zurück, der sich im Januar 1943 mit Churchill beriet: Konferenz von Casablanca. Der englische Premierminister äußerte Bedenken: Auf einer solchen Bedingung zu bestehen, könne den Krieg verlängern. Außerdem sei es ratsam, die Behandlung Deutschlands von dem Vorgehen gegen Italien zu trennen. Churchill konnte sich freilich nicht durchsetzen. Er befand sich in der schwächeren Position, war er doch auf die amerikanischen Lieferungen von Kriegsgerät angewiesen ("lend and lease act",1941).
Den Kapitulationen vom 8./9. Mai 1945 war am 25. April eine Begegnung von GIs und Rotarmisten vorausgegangen. Auf einer weitgehend zerstörten Brücke bei Torgau an der Elbe reichten sie sich die Hände. Auch hieran sollte in diesem Jahr erinnert werden, allerdings ohne russische Beteiligung. Dessen ungeachtet und ungebeten reiste der Botschafter des Kreml demonstrativ in die sächsische Kleinstadt.
Zum 9. Mai hatte Putin nach Moskau eingeladen. Das offizielle Deutschland war bei bei spektakulären Siegesparade auf dem Roten Platz nicht vertreten. Man wolle nicht zugegen sein und mit ansehen müssen, wie der russische Präsident die Feier nutze, um seinen Krieg gegen die Ukraine zu rechtfertigen.
In den Reden und in der Berichterstattung zu den Feiern des 8./9. Mai wurden das Nomen "Russe" und das Adjektiv "russisch" möglichst gemieden. Sie könnten demnächst Unwörter des Jahres werden. Wenn Russen überhaupt erwähnt wurden, dann als Soldaten der Roten Armee. Diese waren es auch, die das Vernichtungslager Auschwitz/Birkenau befreiten.
Am 15. Mai 2025 war in der Türkei eine rege Reisetätigkeit zu beobachten. Ziele und Treffpunkte waren die Städte Ankara, Istanbul und Antalya. Gesprochen werden sollte über Möglichleiten , den furchtbaren Ukraine-Krieg zu beenden. Aber nicht jeder wollte mit jedem ins Gespräch kommen. Russland und die Ukraine wichen vorerst einer unmittelbaren Begegnung aus. Vereinbart wurde immerhin die Entsendung von Delegationen. Diese haben sich inzwischen einmal getroffen. Sofort fielen westliche Politiker und Medien über die Zusammensetzung der russischen Delegation her: Es seien bestenfalls Diplomaten zweiten bis dritten Ranges, woran zu erkennen sei, dass der Kreml an ernsthaften Verhandlungen gar nicht interessiert sei. Folglich müsse ein neues Paket von Sanktionen geschnürt werden. Bei Caren Miosga wurde von Teilnehmern der Runde gar gefordert, man müsse "Putin die Knochen brechen".
Offenbar haben in deutschen Landen nicht wenige, die sich für wichtig halten, es sich in den Kopf gesetzt, uns einzubläuen, Russland sei unser "Erzfeind". Hoffentlich werden sie von Leuten widerlegt, die lieber auf Vernunft und Besonnenheit setzen. - Das Spitzenpersonal von EU und NATO hat kläglich versagt, als es darum ging, den Ukraine-Krieg zu verhindern. Dass dies möglich gewesen wäre, legt Klaus von Dohnanyi in seiner Streitschrift "Nationale Interessen" überzeugend dar. Jn seiner politischen Heimat, der Sozialdemokratischen Partei Deutschland (SPD), wird er wohl eher noch geduldet als wirklich ernst genommen - was zu bedauern ist. Petra Erler und Günter Verheugen haben zum gleichen Thema ein Buch geschrieben: "Der lange Weg zum Krieg". Der Untertitel lautet: "Russland, die Ukraine und der Westen. Eskalation statt Entspannung". Ebenso wenig sind die Herrschaften bereit und fähig, den blutigen Kämpfen ein Ende zu setzen. Sie verlegen sich aufs Reisen, meist per Flugzeug oder Hubschrauber. Sie hasten von einer Konferenz zur nächsten, in der Regel mit mageren Ergebnissen. Überspitzt gesagt: Außer Spesen nichts gewesen. Es überwiegt der Eindruck, sie hätten sich zum Schaulaufen eingefunden, um bei einer imaginären Jury zu punkten.
Dringend gesucht werden Politiker vom geistigen Format eines Helmut Schmidt. Dieser "Elder Statesman" hat einmal die These vertreten: "Besser 100 Stunden umsonst verhandeln als 1 Minute schießen." Aufmerksam hat er in seinem letzten Lebensjahr die folgenreichen Ereignisse des Jahres 2014 verfolgt und bewertet. Zu den Vorgängen im Westen des Schwarzen Meeres und in den Anrainerstaaten urteilte er, es zeuge von "Größenwahn", wenn die EU-Kommission von der Ukraine verlange, die müsse sich zwischen Ost und West entscheiden. Das Tauziehen in dieser Angelegenheit dauert bis heute an. Wie oft ist Frau von der Leyen bereits in Kiew gewesen und hat dort Köder ausgeworfen in Form von aufwendigen Versprechungen? Und sie war beileibe nicht die einzige, die solches tat. An Geld soll es nicht mangeln - solange es nicht das eigene ist.
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Montag, 14. April 2025 - 14:18 Uhr
Mein Nein zum Koalitionsvertrag vom 9.April 2025
Wenn ich dem Koalitionsvertrag zwischen CDU/CSU und SPD nicht zustimme, dann vor allem wegen dessen Abschnitts 7 mit der Überschrift "Verantwortung in der Welt". Das klingt großspurig. Es muss ja nicht gleich moralisierend zu Bescheidenheit ermahnt werden. Aber ein gewisses Maß an Selbstbescheidung ist schon wünschenswert und erforderlich. Selbstbescheidung in dem Sinn, dass die eigenen Möglichkeiten und Grenzen realistisch erkundet werden, um sich nicht zu übernehmen. An einen Satz der Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer erinnere ich mich genau: "Wir müssen weltpolitikfähig werden." Aha, dachte ich, das sind einigermaßen neue Töne. Wohin geht die Reise? Kann mir bitte jemand erklären, warum deutsches Militär Aufpasserdienste an der Grenze zwischen Nord- und Südkorea leisten soll? Und warum kreuzen deutsche Kriegsschiffe im Südchinesischen Meer? Und warum fliegen deutsche Euro-Fighter im indo-pazifischen Luftraum umher? Sind das alles Freundschaftsbesuche? Warum lassen sich der deutsche Verteidigungsminister und hohe Offiziere der Luftwaffe in Singapur blicken, wo wie in München alljährlich eine Sicherheitskonferenz stattfindet? Wollen die Teilnehmer die Festlandchinesen (Volksrepublik China) das Fürchten lehren? Erwähnt sei noch der NATO-Gipfel im Juni 2022 (Tagungsort: Madrid), Zu den Staats- und Regierungschefs der NATO- Mitgliedsländer gesellten sich 4 Staaten, deren Territorien weitab vom Nordatlantik liegen: Japan, Südkorea, Australien und Neuseeland. Hier wird deutlich, dass die NATO ihren Wirkungsbereich ausweiten wollte im Richtung einer unipolaren Weltordnung. Und die USA trachten eventuell danach, die Bundesrepublik Deutschland in die Pflicht zu nehmen, um dieses Ziel zu erreichen - es sei denn, dass Donald Trump sich eines anderen besinnt. - Die vorrangige Aufgabe der bundesdeutschen Verfassungsorgane muss es sein und bleiben, sich gemäß dem Grundgesetz und Amtseid für das Wohl des deutschen Volkes einzusetzen und Schaden von ihm abzuwenden. Dazu gehört auch, die "Verantwortung in der Welt" mit den Interessen der deutschen Bevölkerung abzustimmen bzw. in Einklang zu bringen. Harald Kujat, der nun wirklich weiß, wovon er spricht ("Es gibt nicht die Wunderwaffe." bzw. "Es gibt keine Wunderwaffe." , hält "out of area"-Einsätze der Bundeswehr für einen "Verfassungsbruch", weil sie mit den im Grundgesetz verankerten Aufgaben der deutschen Streitkräfte ("Landes- und Bündnisverteidigung"
unvereinbar seien.
Damit bin ich bei meinem zweiten Punkt angekommen. In dem besagten Koalitionsvertrag findet sich ein Abschnitt mit der Überschrift "Offener Dialog und breitere Zusammenarbeit mit Russland". Ist das ernst gemeint, oder haben die Koalitionäre im Sinn, uns zu täuschen? Jedenfalls steht es in krassem Gegensatz zu dem gegenwärtigen Verhältnis des Westens zu Russland. Erwähnt wird auch der NATO-Russland-Rat, der 2002 seine Arbeit aufnahm. Sie gestaltete sich nicht immer einfach und wurde 2014 ausgesetzt (wegen der russischen Besetzung der Krim). Am 24. Februar 2022 überfielen russische Streitkräfte die Ukraine. Wie das Ganze genannt wird, Krieg oder "militärische Spezialoperation", ob der Angriff "provoziert", "nicht provoziert" bzw. "unprovoziert" oder "nicht unprovoziert" erfolgte, ist letztlich gleichgültig. Gestorben wird in jedem Fall, begleitet von unsäglicher Zerstörung all dessen, was Menschen zum Leben brauchen. Das muss ein Ende haben. Es muss alles unterlassen werden, was den Krieg in die Länge zieht, was die Aufnahme von Waffenstillstands- bzw. Friedensverhandlungen verzögert oder verhindert. Wenn Friedrich Merz, voraussichtlich der nächste Bundeskanzler, sich erneut dafür ausspricht, der Ukraine auch den Marschflugkörper TAURUS zur Verfügung zu stellen, ist das ein Hinweis auf einen eklatanten Mangel an Verantwortungsbewusstsein. Man braucht nur einmal dem Militärexperten Harald Kujat zuzuhören, um zu begreifen, dass diese Waffe nicht kriegsentscheidend ist, sondern lediglich eine weitere Eskalation des Konflikts mit sich brächte. Hinzu käme die Gefahr einer unmittelbaren Kriegsbeteiligung Deutschlands, denn der TAURUS müsste von deutschen Experten für seinen Einsatz vorbereitet werden. Riskant genug ist es bereits, dass ukrainische Soldaten auf deutschem Territorium und im deutschen Luftraum für den Umgang mit westlichen Waffen ausgebildet werden. Es kann nur darum gehen, die Ukraine so weit zu unterstützen, dass sie Verhandlungen mit dem russischen Aggressor aufnehmen kann. Unsinnig ist es außerdem, schon vor Verhandlungsbeginn Bedingungen festzuzurren, die erst das Ergebnis von Verhandlungen sein können. Auch "Friedenspläne" müssen als das betrachtet werden, was sie nur sein können: als Auflistung von Wünschen und Zielen, die nicht unbedingt realisiert zu werden brauchen. Harald Kujat mahnt zur Eile. Man solle es nicht darauf ankommen lassen, dass die russischen Streitkräfte immer weiter nach Westen vordringen und schließlich die Ukraine zum Aufgeben zwingen. Deutsche Medien werden nicht müde, den "Friedemsplan" des US-amerikanischen Präsidenten als "Kapitulation", als Kniefall vor dem russischen Diktator zu verurteilen. Putin habe auf ganzer Linie gesiegt. Sogar von "Verrat" an der Ukraine ist die Rede. Frau Prof. Dr. Krone-Schmalz warnt unermüdlich davor, der gründlichen Analyse, dem Begreifen-Wollen die Moral, die Schuldzuweisungen vorzuziehen. Sie tut dies nicht, weil sie Moral ablehnt, sondern weil Moral leicht den Blick auf die Ursachen von Konflikten trübt und so erschwert, in ähnlichen Situationen Fehlentscheidungen zu vermeiden. Damit steht Frau Krone-Schmalz in der Tradition der europäischen Aufklärung. Vernunft kann nicht alles erklären, aber dazu beitragen, Irrtümer zu erkennen, ihnen nicht aufzusitzen. Das ist leichter gesagt als getan und schützt nicht davor, sich unbeliebt zu machen, weil der "main stream" anderes will. Das hat auch Ex-Brigade-General Erich Vad erleben und durchstehen müssen, als er sich entschied, Alice Schwarzer und Sahra Wagenknecht dabei zu helfen, am 25. Februar 2023 die Kundgebung am Brandenburger Tor zu organisieren ("Manifest für Frieden" . Es ist schon ein eigen Ding, dass hochrangige Bundeswehroffiziere im wohlverdienten Ruhestand nicht zur Ruhe kommen. Sie geben Interviews, halten Vorträge oder schreiben Bücher, weil der politische Dilettantismus der uns Regierenden ihnen zu schaffen macht, Sorgen bereitet. Eigentlich hätten viele Politiker und Politikerinnen von sich aus darauf kommen sollen, worin ihre Aufgaben bestehen.
Als Bundeskanzler hat Olaf Scholz versichert, er werde die Sanktionen so lange mittragen und befürworten, als sie Russland mehr schaden als der Bundesrepublik. Eine solide und zuverlässige Aufrechnung ist bis heute ausgeblieben. Unbestritten ist wohl, dass die Sanktionen die Energiepreise in die Höhe getrieben haben. Bei etlichen unserer Nachbarn ist Energie billiger zu haben. Die Koalitionäre von CDU/CSU und SPD haben sich vorgenommen, die Kosten zu senken, um die Industrie wieder wettbewerbsfähig zu machen. Man darf gespannt sein, wie das bewerkstelligt werden soll. Werden die hohen Gewinne der Konzerne RWE, e.on und Vattenfall unangetastet bleiben, oder wird auch das schuldenfinanziert?
Die inzwischen 5. Große Koalition soll 4 Jahre halten. Der zugrunde liegende Vertrag lässt so viele wichtige Fragen offen, dass ich ihm nicht zustimmen kann.
Dienstag, 1. April 2025 - 14:12 Uhr
NATO und EU : Kooperation oder Konkurrenz?
Die Reihenfolge in der Überschrift soll lediglich darauf hinweisen, dass der Nordatlantik-Pakt die ältere der beiden Organisationen ist. Zu Missverständnissen kann es kommen, wenn NATO und EU in einem Atemzug genannt werden. Wiederholt hat Harald Kujat betont, dass es die Aufgabe der NATO sei, für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland und ihrer Verbündeten einzustehen. Die Ankündigung der EU-Kommission, man werde 800 Milliarden Euro für die Verteidigung Europas aufbringen müssen, stiftet Verwirrung. Um die Koordinierung solle sich das neugeschaffene Amt eines EU-Verteidigungskommissars kümmern. Kujat bezeichnet das ganze Projekt als "eine reine Luftnummer". Den Hintergrund bildet die Befürchtung, die USA könnten sich aus Europa zurückziehen, sich von uns abwenden. Dieser Blödsinn fußt auf dem "Eklat" im Weißen Haus (28. Februar). Die Behandlung des ukrainischen Präsidenten durch Donald Trump konnte auch als Rauswurf verstanden werden. Selenskyj suchte und fand Trost in den Armen des englischen Premierministers sowie des französischen Staatspräsidenten. Beide sicherten Hilfen zu und erklärten ihre Bereitschaft, auch Bodentruppen in die Ukraine zu entsenden. Dies wiederum nahm Harald Kujat zum Anlass, unmissverständlich klarzustellen, dass es sich bei solchen Operationen keinesfalls um NATO-Einsätze handeln könne. Denn diese seien nur für den Fall vorgesehen und verbindlich, dass ein Bündnispartner angegriffen werde. Die Ukraine jedoch sei weder NATO- noch EU-Mitglied. Es mag ja sein, dass Großbritannien und Frankreich die Gelegenheit nutzen wollten bzw. wollen, das Gewicht Europas in einer sich verändernden geopolitischen Gesamtlage zu erhöhen. Doch sollten die beiden Staaten sich zunächst einmal daran machen, ihre eigenen Möglichkeiten realistisch einzuschätzen. - Und vor allem sollten sie sich fragen, ob sie verantworten können und wollen, dass "der Krieg in der Ukraine" sich durch ihren Aktionismus zu "einem großen Krieg um die Ukraine" (Harald Kujat) ausweitet.
Dringend erforderlich ist eine klare Abgrenzung der Zuständigkeiten von EU und NATO. Andernfalls entstehen kostspielige Doppelstrukturen. Sie verhindern Transparenz und ermöglichen Mauscheleien. Eines von mehreren Beispielen: Im März 2021 wurde die "Europäische Friedensfazilität" gegründet. Ihre Ziele waren laut einer Pressemitteilung "die -Konfliktverhütung, die Friedenserhaltung und die Stärkung der internationalen Sicherheit und Stabilität". Dieser pazifistisch anmutende Anstrich täuscht allerdings über so manches hinweg. Die Finanzierung ist "haushaltsextern", entzieht sich damit der parlamentarischen Kontrolle. Außerdem hat die EFF sich zu einem Selbstbedienungsladen ohne Kassen gemausert, zu einem milliardenschweren Geldtopf, der auch die Lieferung von Rüstungsgütern in die Wege leitet. Im Europaparlament stieß dies auf Kritik. So wurde geklagt, die Europäische Union betätige sich als Lieferant von Waffen und Munition.
Interessant ist nicht zuletzt die Gründungsgeschichte der EFF. Den Anfang bildete ein "Vorschlag der Hohen Vertreterin der Europäischen Union für Fragen der Außen- und Sicherheitspolitik". Die EU-Kommission unterstützte den Vorschlag, der sodann an den Ministerrat der EU weitergereicht wurde. der das Ganze per Beschluss in Kraft setzte. Das Europa-Parlament war nicht beteiligt.
Frau Prof. Dr. Krone-Schmalz, unermüdlich auf dem Wege, schwierige Sachverhalte zu erläutern und Aufklärung zu betreiben, hat jüngst geäußert, die Europäische Union sei so ziemlich das Undemokratischste, das momentan anzutreffen sei. Das Projekt EFF ist ein beredtes Zeugnis dafür.
Mittwoch, 26. März 2025 - 13:11 Uhr
Hickhack bei den Bundestags-Kickern
Die "Herzkammer unserer Demokratie" stellt eine eigene Fußballmannschaft auf die Beine: den "FC Bundestag". Die Wahlen vom 23. -Februar 2025 haben einigen Wirbel erzeugt, unter anderem für die Größenordnung bei den 5 Fraktionen. Die Mitglieder der hauseigenen Fußballmannschaft sind neu zu wählen. Ein Grünenabgeordneter erklärte vor laufender Kamera, er weigere sich, nach dem Spiel mit einem Parlamentarier der AfD unter der Dusche zu stehen. Dieses Statement kann auch so verstanden werden, dass der Betreffende fürchtet, beim Duschen könnten seine Blößen sichtbar werden. Außerdem ist es ein mustergültiger Beleg dafür, was vielen Bundestagsmitgliedern wichtig bzw. wesentlich erscheint. Sie halten die AfD für ein Sammelbecken von Aussätzigen und lassen sich dafür auch noch opulent bezahlen.
In größerem Maßstab zeigte sich diese Haltung bei der gestrigen Eröffnungssitzung des 21. Deutschen Bundestages. Bei den Wahlen der stellvertretenden Vorsitzenden fiel der AfD-Kandidat durch. Dass es sich bei ihm um einen ehemaligen Offizier der Bundeswehr handelt, vermochte das Plenum auch nicht umzustimmen. Ich habe mir abgewöhnt, mich darüber zu wundern, dass auch die SPD sich an solchen Spielchen beteiligt. Dennoch frage ich mich, was in den Köpfen der überbordenden Mehrheit des Hohen Hauses vorgeht. Sie lassen ca. 20 % der Wahlberechtigten wissen: "Wir verstehen euch nicht und wollen mit euch nichts zu tun haben." Legen sie es darauf an, dafür zu sorgen, dass Alice Weidels Prognose zutrifft, bei den nächsten Wahlen werde die AfD die CDU/CSU überholen? Mit einem derartigen Verhalten ist der Anspruch auf ein demokratisches Reifezeugnis nicht zu erwerben. Auch wenn es nicht gern gehört wird: Die Politiker und Politikerinnen der Weimarer Republik hatten mit weitaus größeren Schwierigkeiten zu kämpfen. Dass die erste deutsche Republik das Krisenjahr 1923 überlebte, gleicht einem Wunder. Hut ab vor diesen Leuten!
Sonntag, 23. März 2025 - 18:36 Uhr
Schuldenbremse - Schuldenberg - Schuldenlawine oder Schuldenmure
Es beschäftigt uns in besonderem Maße, das Wort Schulden. In der vergangenen Woche wurden in Berlin folgenreiche Entscheidungen getroffen. Die Bereitschaft, überdimensionale Schulden zu machen, ließen die Beteiligten sehr wohl erkennen. Ganz anders verhielt es sich bei dem Wort Schuld. Hierzu war wenig zu hören. Sogar Die Linke zog mit. Die Begierde und die Freude, endlich aus dem Vollen schöpfen zu können, überwogen alles andere. Wer nimmt schon gern Schuld auf sich und lässt sich zur Verantwortung ziehen? Das sollen doch, bitte schön, andere übernehmen. Zum Beispiel künftige Generationen, die es mit dem Schulden-Machen ohnehin nicht so verbissen sehen.
Als Finanzminister im Kabinett Merkel IV hatte Olaf Scholz die undankbare Aufgabe, die Auswirkungen der Corona-Pandemie zu bewältigen, und brachte einen Nachtragshaushalt ein. In Unionskreisen beschimpfte man ihn daraufhin als "Schulden-Scholz". Als Bundeskanzler setzte er ein Sondervermögen für die Bundeswehr durch: schlappe 100 Milliarden Euro. Bald wurde dem Kanzler vorgeworfen, von dem Geld sei noch viel zu wenig ausgegeben worden. Eile sei geboten. Dem "Sondervermögen" folgte im Herbst 2022 der "Doppel-Wumms" im Umfang von 200 Milliarden Euro zur Senkung der Energiepreise. Niemand sollte im Winter frieren. In der Woche vom 18.3. bis zum 21.3. des laufenden Jahres beschlossen Bundestag und Bundesrat ein neues Schuldenpaket von 500 Milliarden Euro für Maßnahmen zur Sanierung der Infrastruktur. Auch der Verteidigungsetat soll noch wachsen - mit "Luft nach oben", wie es so schön heißt. Alles, was mehr als 1 % des BIP beträgt, soll nicht der Schuldenbremse unterliegen. Noch gar nicht absehbar ist der deutsche Anteil an den Kosten für die "Wiederaufrüstung Europas". Frau von der Leyen veranschlagt diesbezüglich ein Sümmchen von 800 Milliarden Euro. Ein endgültiger Bundeshaushalt für 2025 lässt noch auf sich warten. Wenn man eine vorläufige Bilanz zieht, ergibt sich eine Neuverschuldung von ca. 1 Billion Euro. Und das in 4 bis 5 Jahren. Zum Vergleich: Um 2020 lag die Staatsverschuldung in der Bundesrepublik bei etwa 2,5 Billionen, und zwar aufs Ganze gesehen, also in einem Zeitraum von 70 Jahren. Der riesige Geldbedarf soll auch durch Staatsanleihen befriedigt werden. Sie werden höher verzinst als vor 5 Jahren. Privates Kapital ist gefragt. Es lohnt sich.
Noch vor wenigen Jahren waren andere Möglichkeiten zur Geldbeschaffung im Gespräch. Der Rat der Wirtschaftsweisen schlug vor, zum alten Spitzensteuersatz von 52 % zurückzukehren. Erhoffter Ertrag: 14 Milliarden Euro. Auf dem G20-Gipfel in Rio de Janeiro (2024) wurde eine "Reichensteuer" erwogen. Doch Steuererhöhungen sind zur Zeit verpönt, werden als Gift betrachtet, als schädlich für das Wirtschaftswachstum. Milliardäre sowie Multi-Millionäre müssen geschont werden. Bequemer ist es allemal, die Gesamtheit der Steuerpflichtigen zu belasten.
Bleibt noch zu hoffen, dass die Schulden uns nicht über den Kopf wachsen und dann über uns hinweg rollen. In Sachen Finanz- und Wirtschaftspolitik ist alles zu unterlassen, was neue Gefahren für die Stabilität unseres Gemeinwesens heraufbeschwört.
Freitag, 14. März 2025 - 16:17 Uhr
Ein Augenzwinkern und ein Stoßseufzer für das Bündnis Sahra Wagenknecht
Sie ist inzwischen ins zweite Lebensjahr gekommen, die Partei BSW , und nicht wenige sagen ihr ein baldiges Lebensende voraus. Diesen Propheten möchte ich mich nicht anschließen, und das auch deshalb, weil in der medialen Berichterstattung ein gehöriges Maß von Schadenfreude und Gehässigkeit mitschwang.
Das Scheitern des BSW an der 5 %-Hürde (23. Februar ) kam nicht ganz überraschend. In den Monaten zuvor prognostizierten mehrere Umfragen der Partei deutlich unter 5 % der Stimmen. Ob dies das Wahlverhalten beeinflusst hat, ob also viele Wahlberechtigte befürchteten, dass ihre Stimme überflüssig würde, und ob man wie Sahra Wagenknecht zu Recht von "Manipulation" sprechen kann, vermag ich nicht zu beurteilen. Das Etikett "Kaderpartei" hat vielleicht nicht dazu beigetragen, Sympathien für die junge Partei zu wecken.
So manche Genossin und so manchen Genossen von der SPD mag es befremden, dass ich unverhohlen kundtue, dass ich dem Bündnis Sahra Wagenknecht wohlwollend gegenüberstehe. Für Bestrebungen, das BSW niederzumachen und als unwählbar hinzustellen, fehlt mir jegliches Verständnis. Was ich bisher gehört habe, macht Sinn und taugt nicht dazu, dieser Partei ein intellektuelles Armutszeugnis auszustellen. Die Erfolge bei den Wahlen des vergangenen Jahres mögen der Partei zu Kopfe gestiegen sein. Nicht allen wird es gefallen haben, dass die Parteichefin stolz verkündete: "Wir sind ein Machtfaktor geworden," Dem Bündnis Sahra Wagenknecht wünsche ich, dass in Gesten und Worten seiner Führungsriege nicht wegen des Misserfolgs bei den Bundestagswahlen (23.2.) Enttäuschung und Verbitterung die Oberhand gewinnen.
Es tut verdammt noch mal weh, einen SPD-Vorsitzenden sagen zu hören, die Deutschen müssten auch weiterhin und rückhaltlos die Ukraine unterstützen, denn auf den ukrainischen Schlachtfeldern werde auch unsere Freiheit verteidigt. Das ist ebenso abgedroschen wie unwahr. Es stellen sich zwei Fragen: Weiß Lars Klingbeil es nicht besser? Oder belügt er uns wissentlich? Beides wäre schon schlimm genug. Ist denn auch in der SPD kein Kraut gegen die Dummheit gewachsen?
Leider regen sich in mir erste Zweifel, ob meine Mitgliedschaft in der SPD noch Sinn macht und ob ich dieser Partei wie seit 60 Jahren meine Stimme geben kann - einer Partei, die sich so fremd geworden ist und wahrscheinlich in der Kommission sowie im Parlament der EU die "Wiederaufrüstung" Europas mitträgt - ein Vorhaben, dessen Kosten bei 800 Milliarden Euro veranschlagt werden. Seit dem Zweiten Weltkrieg sei Europa noch nie so gefährdet bzw. bedroht gewesen wie in der Gegenwart. Das sollte auch Begriffsstutzigen oder geistig Minderbemittelten endlich klar werden. Derartig düstere Aussichten können freilich nur Glücksgefühle auslösen. Zwei Mitglieder der Europäischen Union, nämlich Finnland und Dänemark, beherbergen die weltweit glücklichsten Menschen. Na denn!
Mittwoch, 12. März 2025 - 14:12 Uhr
"Shitstorm" in den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten
Die öffentlich-rechtlichen Rindfunkanstalten haben einen klaren gesetzlichen Programmauftrag: Sie sollen umfassend und ausgewogen informieren. Von diesen Vorgaben weichen etliche Sendungen erheblich ab. Unbehelligt von den außertariflich und überdurchschnittlich bezahlten Intendanten und Intendantinnen sondern Nachrichtensprecher bzw. -sprecherinnen sowie Moderatorinnen und Moderatoren Beiträge ab, die häufig unsachlich, fehlerhaft und einseitig sind. Bei Caren Miosga darf sich eine Dame mittleren Alters weitschweifig und ununterbrochen darüber auslassen, wie viele russische Manöver bedrohlichen Ausmaßes an der europäischen Ostflanke stattgefunden haben. Von den nahezu jährlichen NATO-Manövern in diesem Raum fiel kein einziges Wort. Wenig später wurde einem Herrn Lange Gelegenheit geboten, seine Überlegungen zur Gefährlichkeit Russlands auszubreiten. Gestern stellte Eva Högl den neuen, besorgniserregenden Wehrbericht vor, was Andre Wüstner zum Anlass nahm, die Notwendigkeit rascher Maßnahmen zur Sicherung Deutschlands zu betonen. In das gleiche Horn blies Roderich Kiesewetter, ein rühriger Militarist, der sich von Anne Will gern einmal als "Herr Oberst" anreden ließ. Er hält es für legitim und erforderlich, dass die Ukraine den Krieg nach Russland hineinträgt. Es wäre wohl übertrieben, ihn der "Volksverhetzung" zu bezichtigen. Aber es geht in diese Richtung.
Staunen ließ mich die Ankündigung der Kommissionspräsidentin von der Leyen, es müsse in Europa eine "Wiederaufrüstung" erfolgen. Armes Deutschland, armes Europa! Nackt und wehrlos stehen wir da und können uns glücklich schätzen, dass Russland uns nicht schon längst überrannt hat. Groß ist die Sorge, die USA könnten sich aus Europa zurückziehen. Zur Beruhigung: Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Vereinigten Staaten ihre "air base" in Ramstein preisgeben.
Beklagenswert ist überdies, dass in den öffentlich-rechtlichen Medien für kluge, bestens informierte Leute, die sich außerhalb der ausgetretenen journalistischen Trampelpfade bewegen, also nicht den "main stream" bevorzugen, kein Platz mehr vorhanden zu sein scheint. Sie werden übergangen, kommen einfach nicht vor. Auf Plattformen, in Kanälen im deutschsprachigen Ausland (Österreich, Schweiz) sind sie noch zu vernehmen. Immerhin, mögen manche meinen. Diese Praxis bedeutet für mich dennoch einen Verlust.
Putin, so will man uns glauben machen, sei an Verhandlungen gar nicht ernsthaft interessiert. Den US-Sondergesandten Steve Witkoff habe er stundenlang warten Lassen. Wichtiger sei ihm das Treffen mit Alexander Lukaschenko gewesen, was beweise, wo die Prioritäten des russischen Präsidenten lägen. - Es wäre unverantwortlich, wenn in den öffentlich-rechtlichen Medien ein Friedensverhinderungsjournalismus um sich griffe. Dafür sind die Gelder der Gebühreneinzugszentrale nicht gedacht. Manchmal drängt sich der Verdacht auf, etlichen Medienschaffenden fehlte etwas, wenn der Krieg auf dem Verhandlungsweg beendet würde.
Noch hege ich die Hoffnung, dass das eingangs kritisierte Personal von ARD und ZDF sich besser informiert und ihrem Auftrag gerecht wird.
Montag, 10. März 2025 - 14:31 Uhr
Ämterhäufung in der SPD
Am 23. Februar 2025 fuhr die SPD ihr bisher schlechtestes Wahlergebnis ein: 16,4 %. Die Bundestagsfraktion verlor etwa 80 Mandate und bekam einen neuen Vorsitzenden: Lars Klingbeil löste Rolf Mützenich ab, was ich sehr bedaure, nicht weil ich an den Fähigkeiten Klingbeils zweifle, sondern weil Rolf Mützenich für mich zu den Parlamentariern gehört, die sich intensiv mit Fragen von Sicherheit, Rüstungskontrolle und Abrüstung auseinandersetzen. Er wurde promoviert mit einer Dissertation zum Thema "Atomwaffenfreie Zonen" und hatte in seiner Fraktion nicht immer einen leichten Stand. Sätze wie "Wir dürfen uns nicht hinter Willy Brandt verstecken." (Michael Roth) wären ihm sicherlich nicht über die Lippen gekommen.
Lars Klingbeil absolvierte nach dem Abitur ein Studium, das er mit dem Prädikat "magister artium" abschloss. Zu seiner beruflichen Tätigkeit ist im Internet zu lesen: Politiker bzw. Politikwissenschaftler. 2017 wurde er SPD-Generalsekretär und 2021 neben Saskia Esken Co-Vorsitzender seiner Partei. Warum er nach der verlorenen Bundestagswahl nun auch noch den Fraktionsvorsitz übernahm, leuchtet nicht unmittelbar ein. Ist die Personaldecke so dünn? Gibt es so wenige Sozialdemokraten vom Format eines Rolf Mützenich?
Lars Klingbeil verweigerte zunächst den Wehrdienst und leistete in Hannover seinen Zivildienst. Nach eigenen Angaben kam es 2001 zu einem Sinneswandel, und zwar wegen des Angriffs auf die Doppeltürme des World Trade Centers (11. September). Die USA deklarierten den NATO-Bündnisfall. Als neuer Feind wurde der "internationale Terrorismus" ausgemacht. Bundeswehreinheiten beteiligten sich an dem Afghanistan-Krieg (2001-2021).
Bis 2017 gehörte Lars den Präsidien des "Förderkreises Deutsches Heer" und der "Deutschen Gesellschaft für Wehrtechnik" an. Beide Organisationen sind "eingetragene Vereine" und haben sich der Lobby-Arbeit für die deutsche Rüstungsindustrie verschrieben. Ob Lars Klingbeil nach 2017 noch einfaches Vereinsmitglied geblieben oder gänzlich ausgetreten ist, entzieht sich meiner Kenntnis.
Im laufenden Jahr ist an zwei geschichtsträchtige Fakten zu erinnern. Im Mai wird das Gothaer Programm 150 Jahre alt, und im September 1925 wurde das Heidelberger Programm beschlossen. Hoffentlich leistet das Willy-Brandt-Haus entsprechende Arbeit. Es ist für die alte Partei immens wichtig, dass nicht der Eindruck entsteht, sie entledige sich ihrer Grundlagen. Es muss immer erkennbar bleiben, wofür die deutsche Sozialdemokratie steht und es nicht dem Zufall überlassen wird, ob man dieser Partei angehört oder ihr seine Stimme gibt.
Dienstag, 4. März 2025 - 14:00 Uhr
Die "demokratische Mitte" - ein Wechselbalg mit schlanker Figur und Wespentaille
Die in der Überschrift zitierte Worthülse erfreut sich wachsender Beliebtheit, ist begrifflich nicht leicht zu fassen und kann so manches bedeuten. Schlimmstenfalls erheben drei Parteien damit den Anspruch, die einzigen demokratischen Parteien zu sein: die SPD. die CDU/CSU und die Grünen. Politische Gruppierungen links und rechts von dieser Mitte fielen dann durch das demokratische Raster und könnten demnach das Etikett "undemokratisch" angeheftet bekommen. Eine bedenkliche Anmaßung. Am 2. März fanden in Hamburg Bürgerschaftswahlen statt. SPD und Grüne feierten sich als Wahlsieger, mussten allerdings Stimmenverluste hinnehmen. Die CDU verzeichnete erhebliche Gewinne und wurde zur zweitstärksten Fraktion. Auch Die Linke legte zu. Ein wenig kleinlaut wurde angemerkt, dass sogar die AfD, von Hamburgs Erstem Bürgermeister als "schlechtgelaunte" Leute "in der rechten Ecke" geschmäht, verbuchte einen leichten Zuwachs. Erneut erwiesen sich die Parteien der "demokratischen Mitte" als unfähig, dem Erstarken der AfD sachgerecht und wirksam entgegen zu arbeiten. Die Beschimpfung als "Nazi-Partei" zieht eben nicht. Die "demokratische Mitte" sieht sich konfrontiert mit einer neuen, ungewohnten Allianz: Die USA mit ihrem Präsidenten Donald Trump seien ins feindliche Lager gewechselt, zu Putins Verbündeten geworden. Mit im Bunde sei die AfD. "Viel Feind, viel Ehr." Die Wahlen des noch jungen Jahres lassen erkennen, dass die Mitte einem Schrumpfungsprozess ausgesetzt ist und die "Ränder" des Parteienspektrums gestärkt sind. Wenn die "demokratische Mitte" an ihrem Kurs festhält, ist absehbar, dass dieser Trend sich fortsetzt.
Um die deutsch-amerikanischen Beziehungen aufzubessern und zu stabilisieren, hat Bundeskanzler Olaf Scholz den Vereinigten Staaten mehrmals dafür gedankt, dass sie uns nach dem Zusammenbruch des Dritten Reiches auf dem Weg in die Demokratie begleitet und unterstützt hätten. Der Lohn für diesen Dank ließ nicht lange auf sich warten. Am 14. Februar versetzte Vizepräsident Vance den deutschen Gastgebern einen kräftigen Tritt in den Hintern.
Die US-Amerikaner haben die Demokratie nicht erfunden. Die geistigen Väter dieser Herrschaftsform waren Europäer. Auch den Deutschen war die Demokratie nach dem Ende der nationalsozialistischen Diktatur nicht unbekannt. Die Politiker und Politikerinnen der Weimarer Republik haben die Demokratie gegen ihre zahlreichen, mächtigen Feinde verteidigt und sich dabei nicht geschont. Die SPD war an dieser Tradition nicht unmaßgeblich beteiligt. Am 8. August 1869 wurde in Eisenach die Sozialdemokratische Arbeiterpartei (SDAP) gegründet und von Reichskanzler Otto von Bismarck heftig befehdet - wegen ihrer angeblichen "gemeingefährlichen Bestrebungen". Später nannte sie sich etwas schlichter SPD. Dieses Akronym steht für Sozialdemokratische Partei Deutschland. Manche ziehen neuerdings die Benennung Soziale Politik für Dich" vor.
Zur Zeit ist die "demokratische Mitte" darum bemüht, uns enorme neue Schulden als unumgänglich aufs Auge zu drücken und schmackhaft zu machen. Es geht um Summen bisher ungeahnten Ausmaßes: 700 bis 800 Milliarden Euro soll uns das kosten, für Verteidigung und Infrastruktur. Parallel dazu laufen Beratungen auf EU-Ebene. Frau von der Leyen meldet einen zusätzlichen Finanzbedarf von ca. 800 Milliarden an. Ob in diesem Betrag auch wenigstens ein Teil der 700 bis 800 Milliarden neuer Schulden des Bundes eingerechnet ist oder die Zahlungen an Brüssel noch dazu kommen, scheint noch ungeklärt. Doch Knauserigkeit ist in unseren Zeiten fehl am Platz - so wenigstens wird es uns eingebläut. Für die Verteidigung unserer Freiheit und unserer Demokratie dürfe uns nichts zu teuer sein. Wer kann schließlich wissen, ob und wann russische Truppen über die Oder setzen?!? - Warnungen vor den Folgen einer solchen Fiskalpolitik werden verharmlost oder in den Wind geschlagen. Dabei gibt es Beispiele für unverantwortliche Staatsverschuldung in der europäischen Geschichte. Vor Ausbruch der Französischen Revolution musste die Hälfte der Staatseinnahmen für den Zinsen- und Tilgungsdienst aufgebracht werden. Verwiesen sei auch auf Hjalmar Schacht, Reichsbankdirektor von 1923-1930 sowie von 1933 bis 1939. Wegen seiner Kritik an der Finanz- und Rüstungspolitik fiel er bei Hitler in Ungnade und musste gehen. Fritz Schäffer, von 1949 bis 1957 erster bundesdeutscher Finanzminister, war einer der wenigen Fiskalpolitiker, die ein Guthaben ansparten. Ich kann der SPD nur wünschen, dass sie, auch aus Rücksicht auf künftige Generationen, besonnen und zäh verhandelt und nicht auf den Kurs des wohl nächsten Kanzlers Friedrich Merz einschwenkt - gemäß der Devise "What ever it takes."
Samstag, 1. März 2025 - 14:17 Uhr
Vom Purzelbaum in den Kopfstand
Am 14. Februar öffnete die "Münchner Sicherheitskonferenz 2025" für drei Tage die Pforten. Erwartet wurden Vorträge und Debatten zum Thema Sicherheit in einer Zeit sich verändernder geopolitischer Bedingungen. Doch es kam dann ganz anders. Der US-amerikanische Vizepräsident trat ans Rednerpult und las den Europäern die Leviten. Nicht in China und Russland lauerten die Gefahren für Frieden und Sicherheit in der Welt, sondern in Europa selbst, das sich von den westlichen Werten entfernt habe. Insbesondere die Bundesrepublik Deutschland wurde gescholten. J.D.Vance beklagte, demokratische Wahlen seien annulliert worden. 25 % der Wahlberechtigten seien in München überhaupt nicht vertreten. Auch die Meinungsfreiheit sei in Deutschland nicht gewährleistet. Viele Anwesende staunten nicht schlecht. Entsprechend spärlich wurde Beifall gezollt.
"Die Welt steht Kopf." Diese Redewendung zielt auf einen Zustand, in dem vieles durcheinander geraten ist. Verwirrung zeichnet sich ab, auch Rat- und Hilflosigkeit. Die Koordinaten, eigentlich Garanten für Orientierung und Stabilität, haben sich verschoben und versagen ihren Dienst. Umdenken und Umsteuern sind gefragt, was vielerorts nicht leichtfällt. Etliche Europäer und Europäerinnen, die Regierungsverantwortung tragen, schauen einstweilen noch dumm aus der Wäsche und verabreden sich zu neuen Konferenzen, als hätten wir deren in den letzten drei Jahren nicht schon reichlich erlebt. Sie geben sich überrascht. Dabei hätten sie bereits seit November letzten Jahres wissen können, dass die US-amerikanische Außenpolitik in einem fundamentalen Wandel begriffen ist. Gestern dann der furiose Krach im Weißen Haus. Donald Trump empfing den ukrainischen Präsidenten und erteilte seinem Gast eine gehörige Abfuhr. Letzterer verhalte sich undankbar, schade seinem Volk, scheue nicht davor zurück, einen Weltkrieg auszulösen. Daran würden die USA sich nicht beteiligen. - Die Reaktionen Europas auf den Eklat: Empörung, Solidaritätsbekundungen für die Ukraine. Man werde das angegriffene Land und dessen Bevölkerung nicht allein lassen. Was das für die Bundesrepublik Deutschland bedeuten könnte, blieb vorerst ungesagt. Leider traue ich dem Verteidigungsminister zu, dass er sich zum Schaden der deutschen Bevölkerung weiter zugunsten der Ukraine in die Pflicht nehmen lässt. Ohne Rücksicht auf Verluste. Schließlich will er uns "kriegstüchtig" machen.
Mittwoch, 12. Februar 2025 - 16:40 Uhr
Rededuell zwischen Olaf Scholz und Friedrich Merz - 1. Runde
Am Sonntag, dem 9. Februar 2025 um 2015 Uhr stiegen sie in den Ring und arbeiteten sich aneinander ab. Keiner der beiden hing währenddessen in den Seilen oder ging gar zu Boden. Auch ein Ringrichter wurde nicht benötigt. Wer nach Punkten siegte, wurde unterschiedlich beurteilt. Im Vordergrund standen die Themen Migration und Wirtschaft. Merz machte geltend, dass der Artikel 16 a unseres Grundgesetzes durchaus Möglichkeiten an die Hand gibt, die Migration zu begrenzen. Dort wird aufgelistet, wer nicht für sich in Anspruch nehmen kann, als "politisch Verfolgter" anerkannt und unter Schutz gestellt zu werden. Scholz hielt dem entgegen, wenn sein Kontrahent Zurückweisungen an den deutschen Grenzen durchführen wolle, verstoße das gegen Europa-Recht und gefährde den Zusammenhalt der Staaten Europas. Dazu ist anzumerken, dass dieser Zusammenhalt vor allem darauf beruht, dass Deutschland in puncto Migrationsbewältigung erheblich mehr zu leisten hat als seine Nachbarn, die Asylsuchende bis hin zu den deutschen Außengrenzen durchgelassen haben - ein gefundenes Fressen für Propagandisten der AfD.
Zum zweiten warf Merz seinem Gegner ökonomisches Versagen vor. Auch für das dritte Jahr in Folge werde ein nennenswertes Wirtschaftswachstum ausbleiben. Unternehmer sowie Mittelständler müssten steuerlich entlastet werden. Überzeugend punkten konnte der Bundeskanzler mit der Frage an Merz, wie dieser die Steuergeschenke für die Superreichen finanzieren wolle. Das sei nur möglich durch Einschnitte in anderen Bereichen, in die ebenfalls investiert werden müsse. Das werde vor allem diejenigen treffen, deren Einkünfte ohnehin bescheiden ausfielen, etwa die Rentner und Rentnerinnen, die sozial Schwächeren. Mit diesen Hinweisen wollte Olaf Scholz offenkundig zu erkennen geben, dass er im Grunde seines Herzens Sozialdemokrat ist.
Die Lösung der Haushaltsprobleme sieht er in einer Reform der "Schuldenbremse". was die CDU/CSU gern zum Anlass nimmt, ein fest verankertes Vorurteil bestätigt zu sehen: Die SPD könne halt nicht mit Geld umgehen. Wenn Schwierigkeiten aufträten, falle der SPD traditionell lediglich ein, die Steuerlast zu erhöhen und/oder neue Schulden aufzunehmen. Anderes sei geboten: Der Etat müsse durchforstet und auf Einsparmöglichkeiten geprüft werden, etwa der Haushalt des Ministeriums für Arbeit und Soziales. Es könne nicht sein, dass der Staat eine "soziale Hängematte" (H.D. Genscher) finanziere. Vorrang müsse die Förderung des Wirtschaftswachstums haben. Wenn das gelinge, flössen auch wider reichlich Steuermittel in die klammen Kassen. Vieles erledige sich dann von selbst. Ein schlichtes, simples Rezept, eine Gleichung mit etlichen Unbekannten-
Außen- und Sicherheitspolitisches wurde in dem Duell nur gestreift. Zum Konflikt in der Ukraine bekräftigte der Bundeskanzler, das Ziel müsse sein, eine Eskalation des Krieges zu verhindern. Wer sich damit begnügt, nimmt freilich in Kauf, dass Tod und Zerstörung sich auf unbestimmte Zeit weiter hinziehen. Der ukrainische Präsident hat einen "Siegesplan" vorgelegt. Es folgte ein "Friedensplan" des neuen Präsidenten der USA. Womit kann eigentlich die Bundesrepublik Deutschland, womit die Europäische Union aufwarten? Oder soll es dabei bleiben, Waffen zu liefern? Das darf nun wirklich nicht der Weisheit letzter Schluss sein! Die EU ist übrigens nicht deckungsgleich mit dem Kontinent Europa, was nicht häufig genug betont werden kann.
Noch einmal möchte ich die Genossinnen und Genossen der SPD davor warnen, sich darauf zu kaprizieren, die politische Nähe der CDU/CSU zur AfD hervorzuheben und die Christenunion damit zu verdächtigen. Das ist kein Kernthema der deutschen Sozialdemokratie. Erst vor Kurzem musste Bundeskanzler Scholz klarstellen, es sei nicht seine Absicht gewesen. den Berliner Kultussenator in rassistischer Manier zu kränken.
Mittwoch, 5. Februar 2025 - 16:58 Uhr
Zeiten- und andere Wenden - Hurra, wir verblöden!
Über Langeweile können wir uns fürwahr nicht mehr beklagen. Tagtäglich sorgt US-Präsident Donald Trump für Abwechslung. Selbst Wendehälse haben Mühe, Schritt zu halten. Mal richten sich Trumps begehrliche Blicke auf die Nachbarstaaten Kanada und Mexiko. Auch Panama darf nicht fehlen, desgleichen Grönland, die größte Insel der Welt. Was haben die Dänen da auch zu suchen? Die Entfernung zu den USA ist erheblich geringer. Außerdem, so Trump, sei das skandinavische Königreich gar nicht imstande, Grönland zu schützen. Das sei eine Gefahr für die Sicherheit der Vereinigten Staaten. Bei alldem wird der Einsatz militärischer Mittel nicht grundsätzlich ausgeschlossen. Schließlich verfügten die USA über "wonderful weapons", und das nicht zu knapp.
Inzwischen kommen weitere Projekte hinzu. Trump stellt der Ukraine weitere militärische Hilfe in Aussicht, wenn Kiew im Gegenzug Washington den Zugang zu ukrainischen Bodenschätzen wie "Seltene Erden" garantiere. Daher weht also der Wind. Die Versicherung des Präsidenten, er könne oder werde den Krieg innerhalb von 24 Stunden beenden, hat sich damit wohl erledigt. Die Botschaft an die europäischen NATO-Staaten: Stellt euch lieber auf eine längere Dauer des Krieges ein. Wir wollen erst noch unsere Interessen durchsetzen - mit amerikanischen Waffenlieferungen, aber ohne amerikanische Bodentruppen. Der Krieg sei nämlich eine Angelegenheit der Europäer´.
Dem Tatendrang des amerikanischen Präsidenten ist damit noch nicht Genüge getan. Jüngst ließ er uns wissen, dass die USA auch noch den Gaza-Streifen "übernehmen" würden. Was soll das denn eigentlich heißen: "übernehmen"?
Und die europäischen Staatenlenker? Haben sie ihre Schwänze zwischen die Beine gesteckt und buhlen um die Gunst des US-Präsidenten? Ist "His masters voice" angesagt?
Und unsere öffentlich-rechtlichen Rundfunk- und Fernsehanstalten? Noch trauen sie sich, behutsam und verhalten Kritik an Trumps Plänen zu artikulieren. Aber wie lange noch? Steht uns demnächst ein pro-westlicher Einheitsbrei ins Haus?
Samstag, 1. Februar 2025 - 17:26 Uhr
"Politisch Verfolgte genießen Asylrecht."
Wir blicken auf eine scheußliche Woche zurück. Zeitweise flogen im Bundestag die Fetzen. Auch in den Lobbyräumen des Reichstagsgebäudes sowie in den Berliner Fernsehstudios war die Schonzeit beendet. Wörter wie "Schande", "Dammbruch", "Tabubruch","Wortbruch" und "Brandmauern" machten die Runde. Sogar das Substantiv "Hölle" wurde bemüht. Vielleicht haben die Verteufelten (CDU/CSU und AfD) eine Chance, in das reinigende Fegefeuer zu gelangen. Die aufgeheizte Stimmung konnte vermuten lassen, der Zusammenbruch der Bundesrepublik Deutschland stehe unmittelbar bevor.
Eigentlich sollte das Plenum über Möglichkeiten beraten, die Migration zu begrenzen und zu steuern. Das Thema war nicht neu. In ihrem Koalitionsvertrag hatte sich die Ampel zum Ziel gesetzt:"Wir starten eine Rückführungsoffensive." Die AfD macht geltend und reitet darauf herum, dass dieses Ziel bei Weitem nicht erreicht sei. Viel zu wenig sei mit dem notwendigen Ernst und Nachdruck unternommen worden. Zweimal versuchte Oppositionsführer Friedrich Merz aus dieser Kritik Kapital zu schlagen. Am Mittwoch, dem 29. Januar, brachte er einen Entschließungsantrag zur namentlichen Abstimmung ein. Hierfür fand sich eine Mehrheit, allerdings nur mit den Stimmen der AfD. Dies sorgte im Plenum für Empörung, für Aufruhr. Merz öffne eine Tür für eine "Nazi-Partei" und mache diese salonfähig. Dies sei ein ungeheuerlicher "Tabubruch". In der ganzen Aufregung ging es gar nicht mehr darum, dass und ob Deutschland ein Migrationsproblem habe und wie dem abzuhelfen sei. Alles drehte sich nur noch um die AfD und darum, wie die anderen Parteien mit diesem Übel umzugehen hätten. Ein Mehr an Aufmerksamkeit für die AfD ist schwerlich denkbar. Wir steuern auf eine Situation zu, in der innerhalb der "demokratischen Mitte", bestehend aus CDU/CSU, SPD, Grünen und FDP, eine nennenswerte Opposition kaum noch zustande kommt. Wenn bei einer Abstimmung im Bundestag nur noch darauf geschielt wird, ob eine Mehrheit auch mit Stimmen aus der AfD ermöglicht wurde, kann der Bundestag als "Herzkammer unserer Demokratie" seine Sachen packen. Am Freitag, dem 31, Januar, wurde der CDU/CSU-Gesetzentwurf "Zustrom-Begrenzungs-Gesetz" vom Plenum abgelehnt. Was wäre denn passiert, wenn der Gesetzentwurf angenommen worden wäre - mit den Stimmen der AfD? Laut einer Blitzumfrage hätten sich übrigens zwei Drittel der Wahlberechtigten ein solches Ergebnis gewünscht. Geht es noch verrückter?
Auf dem Gebiet des Asylrechts sind meine Kenntnisse unzureichend. Gerade deshalb habe ich Fragen. Verstößt es gegen geltendes Recht, wenn auch von Flüchtlingen verlangt wird, Landesgrenzen und offizielle Grenzübergänge als solche zu akzeptieren? Wenn Bundesbedienstete darauf bestehen, dass Asylsuchende sich ausweisen und hinreichend dokumentieren können, dass sie "politisch Verfolgte" sind? Muss jeder Flüchtling aufgenommen werden, sobald er das Wort "Asyl" über die Lippen bringt? Ist es völlig unerheblich, welche Kosten dem aufnehmenden Land durch eine solche großzügige Praxis aufgebürdet werden?
Wenn ich richtig informiert bin, ist ein Asylant jemand der sich dem Zugriff seines Herkunftslandes entzieht und Schutz sucht. Das Asylverfahren fußt auf der "Genfer Flüchtlingskonvention".
Immer noch strittig ist ein Verteilungsschlüssel. Den Deutschen wird gern vorgehalten, was sie im Umgang mit den Flüchtlingen nicht tun dürfen. Unsere europäischen Nachbarn sind offenbar dagegen gefeit, wegen vergleichbaren Fehlverhaltens belangt zu werden.
Zum Schluss noch einige Worte an die lieben Genossinnen und Genossen. Offenbar lag euch daran, den CDU-Vorsitzenden und Kanzlerkandidaten Friedrich Merz in Verlegenheit zu bringen, ihm eine Falle zu stellen. Hatte er sich doch dem Verdacht ausgesetzt, insgeheim mit der AfD zu paktieren. Seid bitte auf der Hut, dass das Feuerwerk nicht auf euch zurückfällt. Es wird euch nicht gelingen, CDU(CSU aus der "demokratischen Mitte" auszusperren, unglaubwürdig und unwählbar zu machen. Auf längere Sicht werden auch die vielen Demonstrationen in deutschen Großstädten keine Trendumkehr bewirken. Gleiches gilt für den Einmischungsversuch von Altkanzlerin Angela Merkel.