Startseite | Impressum | Kontakt | Datenschutzerklärung

5-2020

1.5.2020

Warum sieht die SPD so verdammt alt aus? 

Donnerstag, 30.4.2020, ARD-Tagesschau, ca. 17.15 Uhr
                     Bundespressekonferenz

Es treten auf: Frau Merkel, Herr Söder, Herr Tschentscher. In dieser Reihenfolge ergreifen sie das Wort. Die Kanzlerin schwadroniert wortreich über den Stand der (Corona-)Dinge:Einerseits und andrerseits und außerdem. Der bayrische Ministerpräsident pflichtet ihr bei, holt weit aus, mahnt zu Besonnenheit und Vorsicht. Dem Ersten Hamburger Bürgermeister als Drittem im Bunde bleibt nicht viel Neues mitzuteilen. In den ZDF-Nachrichten ab 19 Uhr kommt er gar nicht vor. Statt dessen werden Streitigkeiten in der SPD-Bundestagsfraktion ausgebreitet. Gegenstand ist die Wahl des/der Wehrbeauftragten im Mai dieses Jahres. Wie aus dem Hut gezaubert wird eine bis dahin nicht genannte Kandidatin präsentiert. Verwunderung bei den anderen Parteien.
Merkwürdigerweise  scheint Johannes Kahrs aus dem Rennen zu sein. Wie das? DasDilemma der SPD: Wie bringt man die erforderliche absolute Mehrheit für den Favoriten/die Favoritin der Partei zustande? Schließlich stellt die SPD nur die zweitstärkste Fraktion.

Wenn die SPD weiterhin so dahinschlingert, die Aufrüstung fast bedenkenlos mitträgt (der deutsche Verteidigungsetat wurde um ca. 10% gegenüber dem Vorjahr aufgestockt), sich scheut, für die Rettung der Lufthansa ein Mitspracherecht des Staates (Beteiligung am Aufsichtsrat) einzufordern, den notwendigen Umbau der deutschen Industrie im Blick auf das Erreichen der Klimaziele verschläft und den Automobilkonzernen bedingungslos Kaufprämien in Aussicht stellt, kann sie wirklich einpacken und im Treibsand der Bedeutungslosigkeit versinken. Was muss denn noch passieren? Die Grundrente ist ohnehin schon weg vom Fenster. Gleiches gilt für den Mindestlohn, die sachgrundlose Befristung von Arbeitsverträgen, die Besserstellung von Leih-/Zeitarbeitern. Mit welchem Programm will die SPD glaubwürdig in den Wahlkampf des Jahres 2021 ziehen? Keineswegs wird es ausreichen, politisches Versagen mit Verweisen auf die Coronakrise zu begründen.

2.5.2020

Regine Hildebrandt und Mutter Courage

Regine Hildebrandt, im Kriegsjahr 1941 in Berlin geboren und dort nach dem Kriegsende auch aufgewachsen, erlebte als fast Zwanzigjährige den Berliner Mauerbau mit all seinen Schrecken, studierte an der Humboldt-Universität Biologie, wurde 1968 promoviert und arbeitete in verschiedenen Institutionen mit den Schwerpunkten Pharmakologie und Gesundheit. 1989 wurde sie Mitglied in der neugegründeten SPD in der noch bestehenden DDR,,war ab 1990 Ministerin für Arbeit, Soziales (Gesundheit und Frauen) in den Kabinetten Lothar de Maiziere und Manfred Stolpe. Ihr unermüdlicher Einsatz für die Schwächeren der Gesellschaft, ihr unerschrockenes Auftreten, ihre unverblümte, burschikose Redeweise sowie der Mut, in der Grauzone zwischen Legalem und weniger Legalem das gerade noch Mögliche auszuloten, trugen ihr den Spitznamen "Mutter Courage (des Ostens)" ein.
Bertolt Brechts Mutter Courage scheitert mit dem Versuch, aus dem Krieg Gewinn zu schlagen und zugleich ihre Kinder in den Wirren des Dreißigjährigen Krieges durchzubringen. Die drei Kinder kommen jeweils dann ums Leben, wenn die Mutter gerade in Geschäften unterwegs ist. Anders als die "Großkopferten", die durch den Krieg zu Rang, Namen. Einfluss und Vermögen kommen, steht sie am Ende als Verliererin da, ohne begriffen zu haben, warum ihr Lebensplan nicht aufgehen konnte: "Ich muss wieder in Handel kommen. ..Nehmt`s mich mit." Die "Großkopferten" begegnen uns heutzutage, by the way, im Gewand von Rüstungskonzernen (und deren Großaktionären), deren Manager es einzurichten wissen, dass sie nicht selbst in das Kampfgeschehen, in dem ihre Produkte sich austoben, hineingeraten.
Regine Hildebrandt hatte übrigens selbst drei Kinder, deren Wohl und Wehe ihr sehr am Herzen lag. - Seit 2002 - 2001 erlag sie fünf Jahre nach Bekanntwerden ihrer Krankheit dem Brustkrebs - wird jährlich der "Regine-Hildebrandt-Preis der deutschen Sozialdemokratie" vergeben, und zwar für Frieden, Freiheit und soziale Gerechtigkeit, für die innere Einheit Deutschlands, gegen Rechtsextremismus und Gewalt. Leider wird die Preisverleihung von der Öffentlichkeit kaum bemerkt, was zu ändern mit einigem guten Willen möglich sein sollte.

8.5.2020

Gedanken zu sozialdemokratischer Russlandpolitik

SPIEG(E)Lein, SPIEGE(L)ein an der Wand,
wann stehn die Russen im ganzen Land?
Schon bald nach dem Nowitschok-Attentat in England (Affäre Skripal) titelte DER SPIEGEL : "Todesgrüße aus Moskau". Aus dem Osten ist demnach nur Schlimmstes zu erwarten. Der US-Präsident Ronald Reagan sprach von der Sowjetunion gern als dem "Reich des Bösen". Befürchtet wird offenbar eine über die "friedliche Durchdringung" weit hinausgehende ""feindliche Übernahme", der unbedingt entgegenzuwirken ist. Was an diesem Bild reine Propaganda ist, sei dahingestellt. Unsinnig wäre es, russische Versuche. Einfluss auf den Westen zunehmen, zum Beispiel bei Wahlen, durch Hackerattacken bzw. Cyberangriffe, und bei notorisch knappen Finanzen von den Segnungen der kapitalistischen Welt zu profitieren, zum Beispiel durch Industriespionage und Verkauf von Rohstoffen, zu bestreiten. Die Warnungen vor den Gefahren, die der "freien Welt" seitens aggressiver russischer Außenpolitik drohen, stützen sich großenteils auf die "Annexion" der Krim. Gern verschwiegen wird dabei, dass diese Halbinsel länger als anderthalb Jahrhunderte zu Russland gehörte, im Februar 1945 hier die Jalta-Konferenz mit weitreichenden Beschlüssen zur Neuordnung Europas stattfand und die Übergabe an die Ukraine (1954) auch ein Willkürakt Nikita Chruschtschows war (er führte derzeit die KPDSU, rückte später auch zum Regierungschef der UdSSR auf), der, 1894 in Westrussland geboren, seit 1908 mit seiner Familie im Donez-Becken ansässig, also selbst Ukrainer war. Das Völkerrecht war dabei nicht ausschlaggebend.
Wie die Krim hat auch die Ukraine eine wechselvolle Geschichte und eine Vielzahl   von Herrschern, darunter auch der König von Polen. Die unterschiedlichen Volksgruppen wurden nach dem Zweiten Weltkrieg in der zur Sowjetunion gehörenden Teillrepublik Ukraine zusammengefasst; die im Osten- lebenden Ukrainer haben sich mit der Trennung von Russland niemals abgefunden. - All dies soll nur dazu beitragen, das Vorgehen Russlands an seiner Südwestgrenze - transparenter zu machen, wobei auch zu bedenken ist, dass Russland aus den Entwicklungen nach 1990 (Auflösung des Ostblocks,und des Warschauer Pakts) als weltpolitischer Verlierer hervorging, von Barack Obama sogar zur "Regionalmacht" herabgestuft wurde.

Sozialdemokratische Außenpolitik sollte nie aus den Augen verlieren, dass die neue Ostpolitik  der sozialliberalen Koalition (Willy Brandt, Walter Scheel) die Wiedervereinigung  Deutschlands erst ermöglicht hat und dass Russland die Kröte des Verbleibs des wiedervereinigten Deutschlands in der NATO zu schlucken über sich brachte - während die NATO sich ungehindert nach Osten erweiterte. Die Bundeskanzlerin neigt zur Skepsis gegenüber Russland ("Merkel rechnet mit Putin ab."), des gleichen der SPD-Außenminister Heiko Maas, der deshalb auch schon mal von der SPD-Bundestagsfraktion kritisch befragt wurde.
Die Angst vor der "roten Gefahr" sollte entkräftet werden durch eine realistische, auf nachprüfbaren Fakten basierende Analyse bzw. Diagnose der Bedrohung, die von Russland und dessen Bestreben, wieder Weltgeltung zu erlangen, etwa durch militärisches Engagement in Syrien und Libyen, tatsächlich ausgehen. Nur auf einer solchen Grundlage lässt sich Entspannungspolitik als Voraussetzung für die Wahrung des Weltfriedens bewerkstelligen.

12.5.2020

Die SPD und der unsägliche Breakdance um die Kampfdrohnen

Gelenkig ist sie schon noch, die alte SPD, wenn es darum geht, sich um klare, unmissverständliche Aussagen herumzuwinden. Lauthals fordert sie den Abzug aller USamerikanischen Atombomben aus Deutschland - und kann dabei gewiss sein, niemals in die Lage zu geraten, mit diesem Postulat Ernst machen zu müssen.Anders sieht es schon aus, wenn es um Killerwaffen geht, unbemanntes, ferngesteuertes Fluggerät, wie es einem hohen iranischen Offizier zum Verhängnis wurde und den Wünschen der USA entspräche. Am 11.5.20 machte das Verteidigungsministerium bekannt, dass die Bundeswehr mit solchen Waffen ausgestattet werden soll. Es komme darauf an, deutsche "Soldatinnen und Soldaten" bei Auslandseinsätzen zu schützen; es werde hierzu eine breit angelegte öffentlicher Debatte geben, um von der Notwendigkeit solcher Bewaffnung zu überzeugen.

DIE LINKE nannte dies eine "Alibiveranstaltung"; im Verborgenen würden schon vollendete Tatsachen geschaffen; die Hemmschwelle, die das Töten von Menschen erschwert, werde abgesenkt. Auch ein SPD-Wehrexperte gab eine Statement ab. Vor seinem Mund blähte sich eine Sprechblase, die Unverbindliches umhüllte - böswillig könnte man auch von "Wischiwaschi" sprechen. Wo ist sie geblieben  die gedankliche und rhetorische Schärfe, die mal ein Markenzeichen der SPD war? Kurt Schumacher nannte Adenauer den "Kanzler der Alliierten", dem die deutsche Teilung gleichgültig war.
Später zog Helmut Schmidt wortgewaltig und den politischen Gegner demaskierend vom Leder ("Schmidt-Schnauze").
Auch Martin Schulz bekannte waschecht Farbe, wenn er im Wahlkampf 2017 gegen die "sachgrundlose Befristung von Arbeitsverträgen" polemisierte und sich auch schon mal ins Publikum setze, um sich die Sorgen einzelner BürgerInnen anzuhören. Legt die Koalition mit den Unionsparteien der SPD so straffe Fesseln an, dass ihre Abgeordneten sich nicht trauen, den Mund aufzumachen? Leider ist zu befürchten, dass der SPD der Gang durch das Tal der Tränen noch bevorsteht, spätestens im Herbst 2021. Hoffentlich hat sie dann noch die Kraft, sich gründlich zu regenerieren.

13.5.2020

Von der Verlogenheit deutscher Vergangenheitsbewältigung

Wenn "man ... Deutschland  nur mit gebrochenem Herzen lieben" kann - so Frank Walter Steinmeier am 8. Mai 2020 in Berlin - , sollte man dies lieber gleich ganz lassen. Bei gebrochenem Herzen wird es mit dem Lieben sehr schwierig, ist doch nicht einmal das nackte Überleben gesichert. Insgesamt bewegte der Bundespräsident sich überwiegend im Allgemeinen: "man", "wir". Große Scheu, konkret zu werden, Dinge und Personen beim Namen zu  nennen, durchzog seine Ansprache. Warum dies? Sie sind doch bekannt, die Totengräber der Weimarer Republik, die Finanziers und Profiteure der enormen Aufrüstung in den dreißiger Jahren, Da gab es den greisen Reichspräsidenten, der mit der Demokratie nichts am Hut hatte, den "Ersatzkaiser" vorlebte, Adolf Hitler am 30.1.1933 zum Reichskanzler ernannte und im März 1933 per Unterschrift das "Ermächtigungsgesetz" in Kraft setzte. Da gab es den Medienmogul Alfred Hugenberg, der unaufhörlich der Demokratie den Kampf ansagte und für die Nazis trommelte (Harzburger Front). Da gab es den Industriellen Friedrich Flick, der die Wehrmacht mit hochmodernen Waffen ausstattete und "kriegsfähig" machte. Gleiches gilt für den Krupp-Konzern. Und das Kriegsende brachte nicht in allen Bereichen den tiefen Einschnitt. Gott sei Dank gab es viele Überlebende, darunter auch solche, die durch das weitmaschige Netz der Entnazifizierung schlüpften und sich der Verantwortung entzogen. Großzügig wurde den Rüstungskonzernen nachgesehen, dass sie Zwangsarbeiter beschäftigt hatten. Der Konzern Rheinmetall, der auch mal unter anderem Namen firmierte, fand zu neuer Blüte, die Ballermann-Firma Heckler&Koch (vormals Mauser) erschloss sich mit vielen Tochtergesellschaften im Ausland, darunter in Mexiko, ergiebige Tätigkeitsfelder. Schließlich erweist sich deutsches Kriegsgerät als todsicher. auch wenn ein Sturmgewehr für die NATO bei höheren Temperaturen um weniges danebentrifft und wegen dieses Mangels an Zielgenauigkeit ausgemustert werden muss, was der Rüstungsindustrie neue Aufträge beschert.

Die Entschlossenheit, mit der Vergangenheit detailliert und genau aufzuräumen und dabei auch schlafende Hunde aufzuschrecken, stärkt den Mut, Gefahren für Demokratie und Frieden auch in unseren Tagen zu benennen.

23.5.2020

Ist Antikapitalismus verfassungsfeindlich? 

Frau Annegret Kramp-Karrenbauer, (Noch-) CDU-Bundesvorsitzende, konnte offenbar nicht umhin, die CDU-Landtagsfraktion in Schwerin (Mecklenburg-Vorpommern) dafür zu rügen, dass auch mit ihren Stimmen Barbara Borchardt zur Verfassungsrichterin in MV gewählt wurde. Begründung dieses Tadels: Mitgliedschaft in SED und PDS sowie ihr Engagement in der "Antikapitalistischen Linken".
Das sei doch wirklich ungeheuerlich, eine Verfassungsrichterin, die mit der Verfassung "hadere". AKK möge sich daran erinnern, dass unser Grundgesetz die kapitalistische Wirtschaftsordnung zwar zulässt, vielleicht auch nahelegt, aber keineswegs vorschreibt, also als verbindlich festlegt.
Empfohlen sei die sorgfältige Lektüre des Artikels 14. Das Verb "hadern" impliziert Negatives, Diffamierendes, ist jedoch kein juristischer Fachbegriff, ebenso wenig wie die Formulierung, das Verteidigungsministerium wünsche ein "robusteres" Engagement der Bundeswehr außerhalb des Geltungsbereiches der NATO. Das ist es eben: die zweifelhafte Kunst, Stimmung zu machen und Meinung zu verbreiten, ohne auf eine saubere rechtliche Definition bedacht zu sein. Gern wird der politische Gegner auch als Verfassungsgegner deklariert, ohne sich selbst unmissverständlich auf sicheren juristischen Boden zu stellen.
Wer die Mitgliedschaft in SED, PDS und der LINKEN bemüht, um die Zusammenarbeit mit solchen Politikern auszuschließen (man denke nur an den Eiertanz in Thüringen zurück), möge an die Quellen denken, aus denen er bedenkenlos getrunken hat oder immer noch trinkt.

Ungern erinnert sich die CDU daran, dass auch sie unter anderem in braunem Sumpf wurzelte und nach Kriegsende Altnazis mit offenen Armen aufnahm: Hans Globke, Hans Filbinger, Kurt Georg Kiesinger, um nur einige Prominentere zu nennen. - Auch die CDU hat ihre DDR-Vergangenheit, was ihr niemand zum Vorwurf machte, träte diese Partei nicht so selbstgerecht auf.
Anders als CDU und CSU hat die SPD in ihrer langen Geschichte stets ihren Bezug zu Deutschland betont: Allgemeiner Deutscher Arbeiterverein (1863), Sozialistische Arbeiterpartei Deutschlands (1875), Sozialdemokratische Partei Deutschlands (1890/91). Eine Partei, die das Sozialistengesetz und zwölf Jahre Nazidiktatur überlebt und unter Verfolgung gelitten hat (Philipp Scheidemann, Otto Wels, Kurt Schumacher und andere), braucht sich nicht vorhalten zu lassen, sie arbeite mit verfassungsfeindlichen Kräften zusammen. "Vaterlandslose Gesellen" sind Sozialdemokraten wahrlich nicht.

29.5.2020

Wenn Straffreiheit erkauft werden kann

Vor Kurzem wurde bekannt, dass zwei hochrangige VW-Manager gegen eine Zahlung von neun Millionen Euro davon befreit wurden, auf der Anklagebank Platz nehmen zu müssen. Betont wurde zugleich, die genannte Summe sei unverzüglich an die Staatskasse überwiesen worden. Was sich im Übrigen in der Konzernspitze hinter verschlossenen Türen zugetragen hat, ist hier von geringerem Interesse.
"Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich", heißt es in unserem Grundgesetz (Artikel 3,Satz 1). Justitia sollte auch bei verbundenen Augen darauf achten, nicht den Eindruck entstehen zu lassen, es gebe in Deutschland Leute, die gleicher sind als gleich. Weniger betuchten,finanziell nicht so üppig ausgestatteten Missetätern lässt die Staatsanwaltschaft "Strafbefehle" zusenden mit dem Hinweis, sie könnten statt der Zahlung des mehrstelligen Betrages auch den Freiheitsentzug wählen, also mit der Gefängniszelle vorlieb nehmen mit der Maßgabe, für wie viel Geld sie für wie viele Tage einsitzen müssen (Festsetzung eines Tagessatzes):
Die Justiz und alle anderen staatlichen Organe sollten alles daran setzen, nicht ins Zwielicht zu geraten und keine Zweifel an ihrer Unbestechlichkeit aufkommen zu lassen. Sonst ist ihr Ansehen in Gefahr. - In letzter Zeit mehren sich Berichte über Angriffe auf Staatsbedienstete, besonders auf solche, die an vorderster Front stehen, z.B. Bürgermeister oder Polizisten. Nicht selten ist auch das Schimpfwort "Scheißstaat" zu hören, wenn etwa Bußgelder verhängt werden. Dem entgegenzuwirken muss auch Aufgabe einer unabhängigen, über Geldflüssen stehenden Gerichtsbarkeit sein. Die SPD hat in ihren Reihen juristische Koryphäen vorzuweisen, deren Wirken Ansporn dafür sein könnte, den Respekt vor der Rechtsprechung zu stärken und am Leben zu erhalten. Gemeint sind unter anderen Juristen wie Fritz Bauer (rastlos tätiger, unerschrockener Staatsanwalt) und Carlo Schmid,(Staatsrechtler und maßgeblicher Mitverfasser unseres Grundgesetzes).
Es wäre zu begrüßen. wenn sozialdemokratische Rechtspolitik an das Erbe dieser Juristen anknüpfte. Fritz Bauer hat sich dafür eingesetzt, das Prinzip der Strafe bzw. der Bestrafung abzulösen bzw. zu ersetzen durch einen Justizvollzug, der den Freiheitsentzug als Mittel und Weg betrachtet, den "Straftäter" zu resozialisieren. - Gleichzeitig müsste jedoch das Unrechtsbewusstsein wachgehalten werden. Im Straßenverkehr geht es zum Beispiel drunter und drüber. Viele Autofahrer leben hinter dem Steuer Impulse und Instinkte aus, die nicht auf die Straße gehören, verhalten sich also ausnehmend rücksichtslos, indem sie rasen und noch bei rotem Ampellicht Kreuzungen überqueren und andere Verkehrsteilnehmer gefährden. Radfahrer ahmen dieses Verhalten nach, weichen vorsichtshalber auf Fußwege aus und halten es für ihr gutes Recht, Fußgänger zur Seite zu klingeln bzw. abzudrängen.
Nur wechselseitige Rücksichtnahme und ein Verhalten gemäß der Straßenverkehrsordnung können den Straßenverkehr befrieden. Hier darf nicht das Faustrecht gelten